Migration

Griechenland beginnt Ausbau von Grenzzaun

Ein Bild vom Sonntag: Griechenland geht mit Tränengas und Wasserwerfern gegen Migranten und Flüchtlinge am Grenzübergang zur Türkei vor.
Ein Bild vom Sonntag: Griechenland geht mit Tränengas und Wasserwerfern gegen Migranten und Flüchtlinge am Grenzübergang zur Türkei vor.REUTERS
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„Die Grenzen bleiben zu“ hieß kurz vor dem Besuch Erdogans in Brüssel. Deutschland will Flüchtlingskinder aus griechischen Lagern „innerhalb von Wochen“ aufnehmen.

In Griechenland haben Bauarbeiten zum Ausbau des Zauns an der Grenze zur Türkei begonnen. Etwa ein Dutzend Baufahrzeuge begannen am Montag damit, den Stacheldrahtzaun am Grenzübergang Kastanies "zu reparieren und zu verstärken", wie aus Regierungskreisen in Athen verlautete.

In den vergangenen Tagen hätten immer wieder Migranten auf der türkischen Seite der Grenze versucht, den Zaun einzureißen, um nach Griechenland zu gelangen, sagte ein Regierungsvertreter zur Begründung.

Am Sonntag hatte die griechische Regierung angekündigt, den bisher 12,5 Kilometer langen Grenzzaun zu verstärken und um 36 Kilometer zu verlängern. Die Verlängerung an einigen Grenzabschnitten südlich des Grenzflusses Evros werde "von der Armee ausgeführt", sagte der Bürgermeister der Stadt Soufli bei Kastanies, Panagiotis Kalakinis.

Gespannte Ruhe vor Erogans Besuch

Vor dem Besuch des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan in Brüssel blieb ansonsten es am griechisch-türkischen Grenzübergang Kastanies am Montag ruhig. Dies berichteten der staatliche griechische Rundfunk (ERT) und andere griechische Medien am Montag. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen lehnte unterdessen die Öffnung der griechisch-türkischen Grenze für Migranten ab.

Unter Berufung auf die Polizei, hieß es in griechischen Medien, nur einige Menschen hätten Steine von der Türkei über die Grenze nach Griechenland geworfen. Am Wochenende hätten griechische Sicherheitskräfte etwa 1650 Menschen daran gehindert, den Grenzfluss Evros zu überqueren oder einen Zaun am Grenzübergang von Kastanies/Pazarkule zu überwinden und damit in die EU zu kommen, hieß es weiter. Die Polizei habe zudem am Sonnntag zwei Menschen festgenommen, die es geschafft hätten, griechischen Boden zu erreichen.

Die griechische Polizei hatte auch am Wochenende mehrfach Tränengas und Blendgranaten eingesetzt, um größere Migrantengruppen daran zu hindern, den Grenzposten Kastanies zu durchbrechen. Auf den Inseln im Osten der Ägäis sind am Wochenende nach offiziellen Angaben kaum Migranten angekommen. Lediglich 17 Menschen setzten demnach mit einem Schlauchboot aus der Türkei zur griechischen Insel Kos über.

Erdoğan in Brüssel

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan wird am Montagnachmittag zu Gesprächen in Brüssel erwartet. EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen und EU-Ratschef Charles Michel dürften bei dem Treffen (18 Uhr) darauf dringen, dass die Türkei sich wieder an das gemeinsame Flüchtlingsabkommen von 2016 hält. Ankara hatte sich damals verpflichtet, alle auf den griechischen Inseln ankommenden Flüchtlinge zurückzunehmen und stärker gegen Schlepperbanden vorzugehen. Die EU versprach im Gegenzug Milliardenhilfen für die Flüchtlingsversorgung in der Türkei, eine beschleunigte Visa-Erleichterung und die Modernisierung der Zollunion.

Erdoğan hatte Ende Februar nach der Eskalation der Lage in der nordsyrischen Provinz Idlib die Grenzen zur EU für geöffnet erklärt. Dies sorgte für einen starken Flüchtlingsandrang an der türkisch-griechischen Grenze. Die griechischen Behörden drängten die Menschen teilweise unter dem Einsatz von Tränengas zurück.

Von der Leyen: „Grenzen werden nicht geöffnet"

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen lehnte eine Öffnung der griechisch-türkischen Grenze für Migranten am Montag klar ab. Die Grenzen "sind nicht offen und sie werden nicht geöffnet", sagte von der Leyen am Montag in Brüssel. Mit Blick auf das Treffen mit dem türkischen Präsidenten Erdoğan am Abend sagte sie, die EU stehe noch am Anfang eines neuen Dialoges mit Ankara. Die Vorkommnisse an der griechisch-türkischen Grenze seien "unerträglich", sagte von der Leyen. Es müsse sichergestellt werden, dass dies nicht erneut passiere. Die EU wirft der Türkei vor, die Flüchtlinge als Druckmittel zu missbrauchen. Die Türkei wiederum beschuldigt Brüssel, Zusagen aus dem Flüchtlingsabkommen von 2016 nicht einzuhalten.

Bis zu 1500 Kinder aus den Flüchtlingslagern auf den griechischen Ägäis-Inseln sollen in den kommenden Wochen in Deutschland und anderen europäischen Staaten (ohne Österreich) aufgenommen werden. Die Aufnahme dieser besonders schutzbedürftigen Minderjährigen sei "keine Frage von Monaten, sondern eher von Wochen", sagte ein Sprecher des deutschen Innenministeriums am Montag in Berlin.

Wie viele EU-Staaten mitmachen und wie viele der Kinder nach Deutschland gebracht werden, ist noch unklar. Der Sprecher des Innenministeriums erklärte: "Es haben erste Länder ihre Bereitschaft erklärt." Regierungssprecher Steffen Seibert betonte aber, "dass es leider nicht die Aussicht gibt", dass sich alle 27 Staaten beteiligen. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sagte in Brüssel zu der geplanten Aufnahme der Kinder, es gebe positive Reaktionen auch aus Frankreich, Portugal, Luxemburg und Finnland. Die türkis-grüne Bundesregierung in Österreich lehnt eine Aufnahme schutzbedürftiger Kinder weiterhin ab.

Kaiser für Aufnahme von Flüchtlingen

Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) sprach sich am Montag vor Journalisten indes für die Aufnahme von unbegleiteten, minderjährigen Flüchtlingen aus griechischen Lagern aus. Zuvor müssten aber die entsprechenden rechtlichen Grundlagen für diese Aufnahme geschaffen werden. Kaiser nannte den deutschen Vorstoß als Orientierung. Auch das Bundesland Kärnten sei bereit, Kinder aufzunehmen.

Eine Anzahl, wie viele Kinder Österreich oder Kärnten aufnehmen solle, nannte Kaiser auch auf Nachfrage nicht. Man solle jetzt nicht über Zahlen, über Frauen und Kinder sprechen, so Kaiser. Es gehe um den prinzipiellen Zugang, dass ein Europa von 27 Staaten angesichts der Situation einen rechtskonformen Zustand herstellen müsse, der es erlaube, diesen Kindern zu helfen.

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(APA/dpa/AFP/Reuters)

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