Quergeschrieben

Politische Korrektheit ist der sichere Tod wirkungsmächtigen Theaters

Es gibt viele schwarze Schauspieler und -spielerinnen im deutschsprachigen Raum. Warum ließ sich dann für Othello am Burgtheater kein schwarzer Darsteller finden?

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Theater ist Verkleidung und Behauptung: D spielt X, Z schaut zu, D und Z wissen um ihre Rollen als Darsteller und Zuschauer. Nur kleine Kinder wundern sich, wenn beim Schlussapplaus der Seppl vor den Vorhang hüpft, obwohl ihn das Krokodil verspeist hat. Tote können wieder auferstehen, Wirklichkeit wird simuliert, niemand wird ermordet, sondern nur so getan, als ob. Jeder menschliche Abgrund kann millimetergenau abgesucht und erforscht, der Gesellschaft ein Spiegel vorgehalten werden. Und, ja, das ist mitunter schwer erträglich.

Kulturwissenschaftlerin Elisabeth Bronfen und Bühnenbildnerin Muriel Gerstner haben für ihren Shakespeare-Hybrid am Burgtheater allerhand zusammengeschustert: Venezianischen Karneval und Villacher Fasching, „Othello“ und „Kaufmann von Venedig“, Shakespeare und müde Scherze. Kleinster gemeinsamer Nenner? Das ist Venedig. „This is Venice“. Man hätte die brutale Meuchelei von Dichter und Dichtung eher „Tod in Venedig“ nennen sollen. Oder, mit Blick auf die Besucher, die nach der Pause in Scharen das Weite suchen, „Venedig sehen und aus Langeweile sterben“. Denn abgesehen von der eklatanten dramaturgischen Misere ist das von Regisseur Sebastian Nübling mit viel Lametta und Lamento garnierte Gender-Gschnas trotz hochkarätigen Ensembles fad, unentschlossen, belang-, atem- und aussagelos.

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