Coronavirus

Banken in Europa fahren Notfallpläne hoch

Immer mehr Finanzinstitute in Europa schalten wegen der sich ausbreitenden Coronavirus-Epidemie in den Notfallmodus.

Die Deutsche Bank und die spanischen Banken BBVA und Santander verteilten Mitarbeiter auf verschiedene Standorte, nachdem Beschäftigte positiv auf das Virus getestet wurden. Die Europäische Zentralbank (EZB) meldete in der Nacht zum Dienstag einen ersten Corona-Fall. Die Europäische Bankbehörde (EBA) nimmt die Notfallpläne der Banken unter die Lupe. Wie viel für die Institute der Eurozone wirtschaftlich auf dem Spiel steht, ist noch nicht absehbar. Sie sind eng verbandelt mit Italien, wo das Virus besonders stark grassiert.

Bei den Notfallmaßnahmen geht es darum, den Geschäftsbetrieb wie Handel und Zahlungsverkehr sicherzustellen. "Wir erwarten keine Auswirkungen auf unsere Dienstleistungen für unsere Kunden und sind uns bewusst, dass diese Maßnahmen zusätzliche Anstrengungen und Disziplin von allen erfordern wird", erklärte die Deutsche Bank in einem Mitarbeiterbrief. Das Institut verlagerte aus Sicherheitsgründen mehrere Teams im Handel und in den Infrastrukturbereichen im Deutsche Bank Campus (DBC) in andere Büros, teilweise arbeiteten die Beschäftigten von zu Hause aus. Die neue Situation gelte zunächst bis Freitag, 27. März. Laut Finanzkreisen ist eine höhere zweistellige Zahl von Mitarbeitern betroffen.

Bereits am Montag hatte die Deutsche Bank Teams in London auf mehrere Standorte aufgeteilt. Darüber hinaus muss das größte deutsche Geldhaus immer mehr Filialen schließen, weil Mitarbeiter positiv auf das Virus getestet wurden.

Die britische Bank Lloyds schickte 1.000 Beschäftigte eines nordirischen Call Centers bei der Hypotheken-Tochter Halifax an einen Notfallstandort oder ins Home Office. Der Finanzinvestor KKR schloss seine Gebäude in London, nachdem das Virus bei einem Mitarbeiter nachgewiesen wurde. Bereits vergangene Woche schickte die Großbank HSBC wegen eines Corona-Falls in London 100 Personen ins Home Office.

Auch die bald beginnende Hauptversammlungssaison könnte auf der Kippe stehen, wenn sich das Coronavirus weiter ausbreitet. Santander empfahl den Aktionären schon, das jährliche Treffen aus Sicherheitsgründen über das Internet zu verfolgen. In den vergangenen Jahren hatten bei den Hauptversammlungen jeweils rund 2.000 Menschen teilgenommen. In vielen Ländern sind Großveranstaltungen inzwischen untersagt.

Kurzfristige Schwächephase überbrückbar

Experten der Ratingagentur Moody's warnten davor, dass sich die Folgen der Coronavirus-Epidemie vor allem im ersten Halbjahr negativ in den Bankbilanzen niederschlagen. Die Kreditqualität werde sich verschlechtern, allerdings sei eine kurzfristige Schwächephase überbrückbar, schrieben sie in einem Kurzkommentar. Die meisten Banken hätten ihre Kapitalpolster in den vergangenen Jahren aufgebaut und den Anteil fauler Kredite deutlich reduziert. Eine länger anhaltende Wirtschaftskrise werde jedoch zu höheren Kreditausfällen führen. Zudem würde ein anhaltendes Zinstief sowie eine geringere Nachfrage nach Anleiheemissionen, Börsengängen und anderen Kapitalmarkttransaktionen die ohnehin geringe Profitabilität der Banken weiter belasten.

Die deutschen Banken hatten nach Daten der Bundesbank zuletzt 72,4 Milliarden Euro in Italien im Feuer. Sowohl Deutsche Bank wie auch die Commerzbank machen viel Geschäft mit italienischen Kunden und haben jeweils mehrere Milliarden an italienischen Staatsanleihen in ihren Büchern. Die Commerzbank schloss wegen der Maßnahmen der italienischen Regierung zur Eindämmung der Epidemie ihre Büros in Mailand, rund 50 Mitarbeiter arbeiten von zu Hause aus. In der Mailänder Filiale gebe es aber noch eine Notbesetzung, sagte ein Banksprecher. Auch der Immobilienfinanzierer Aareal Bank ist in dem Land stark engagiert. Italien ist der fünftwichtigste deutsche Handelspartner nach China, den Niederlanden, den USA und Frankreich.

(APA/dpa)

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