Sebastian Kurz beriet mit griechischem Premier über Flüchtlingskrise und sagte Soforthilfe aus dem Katastrophenfonds zu.
Wien. Die Zeit war knapp: Eine Doppelkrise hielt die Staats- und Regierungschefs der EU in Atem. Im Bundeskanzleramt in Wien kam Kanzler Sebastian Kurz unmittelbar vor einer EU-Videokonferenz zur Coronakrise mit Kyriakos Mitsotakis, dem griechischen Ministerpräsidenten, zu einem Gespräch über die Flüchtlingskrise zusammen. Der Grenzfluss Evros und die überlasteten Inseln in der Ägäis, wo sich die Situation jüngst zugespitzt hatte, seien das „Schild Europas“, wie EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen erklärt hat.
Der Premier aus einer Polit-Dynastie suchte bei seinem Trip nach Berlin und Wien Unterstützung für seine konservative Regierung. Parteifreund Kurz sagte eine Million Euro an Soforthilfe aus dem Katastrophenfonds zu, den Einsatz von Drohnen und einer Kobra-Einheit. Er stellte ein weiteres Engagement Österreichs in Aussicht. Zum Vorschlag des Vizekanzlers, Werner Kogler, unbegleitete und kranke Kinder aufzunehmen, äußerte er sich nicht. Nur so viel: „Griechenland kann auf unsere Unterstützung zählen.“
„Taktik der Erpressung“
Hingegen übte Kurz scharfe Kritik am „Angriff der Türkei“ und seines Präsidenten auf die EU-Außengrenze: „Erdoğan missbraucht Flüchtlinge und Migranten nicht nur, er setzt sie als Waffe ein. Mit dieser Taktik der Erpressung will er die EU in die Knie zwingen.“ Doch die EU stehe geschlossen hinter Griechenland, betonte der Kanzler und bedankte sich explizit bei Griechenland für den Schutz der Außengrenze.
Mitsotakis, erst seit vorigem Sommer im Amt, forderte, die EU müsse bis zum Gipfel Ende März eine klare Haltung in der Flüchtlingsfrage festlegen. Nachdem er noch am Wochenende Alarm geschlagen hatte, sieht der Premier jetzt Zeichen der Entspannung – ein Signal, dass sich Ankara wieder an das Abkommen hält. Im Zeichen der Coronakrise gab es am Ende kein Handshaking, nur eine amikale Geste. (vier)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.03.2020)