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Kultur-Token: CO2-Sparen im Großraumbüro

Das Achteck füllt sich, aber mit Verzögerung.
Das Achteck füllt sich, aber mit Verzögerung.(c) Clemens Fabry/Die Presse (Clemens Fabry)
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Wien bietet neuen Anreiz für klimafreundliches Verhalten. Im ersten Test geht der eher daneben.

Die freudige Nachricht kam per E-Mail: „Sie wurden gezogen!“ Der Zufall wollte es, dass ich eine von 1000 Personen bin, die – bei mehr als 3000 Interessierten – einen Testzugang zu einem Experiment der Stadt Wien bekommen: zum „Kultur-Token“, dem angeblich ersten weltweit (am spröden Namen, dessen Genus nicht einmal klar ist, wird es nicht liegen). Wien will damit klimafreundliches Verhalten spielerisch belohnen.

Da spiele ich gern mit. Ich hole mir die – noch nicht öffentlich zugängliche – App aufs  Handy, willige in die Auswertung meiner Daten samt Standort ein und lasse mich beobachten. Das Ding soll meine Schritte zählen, errechnen, wie viel ich Rad fahre und Öffis nütze. Je ökologisch braver ich bin, desto mehr füllt sich ein unregelmäßiges Achteck. Das soll am Ende eine virtuelle Wertmarke ergeben, mit der ich gratis Zugang zu einer Kulturveranstaltung bekomme (wenn eine stattfindet).

Mein erster Eindruck ist ernüchternd. Was nämlich in Echtzeit gemessen wird, sind nur meine Schritte. Am meisten davon mache ich im Großraumbüro, mit wirklich langen Wegen. Das ergibt kiloweise CO2-Ersparnis. Warum eigentlich? Wie sollte ich mich denn sonst hier bewegen? Mit einem Motorgokart? Vier-Takt-Moped?

Das, womit ich wirklich die Umwelt schone, wird bestenfalls mit stundenlanger Verzögerung in der App vermerkt: meine Radfahrten, allen voran je 15 Kilometer ins Büro und retour. Der künstlichen Intelligenz würde ich gern Nachhilfe geben: Merkt sie denn nicht, dass ich in jeder Richtung nach wenigen Metern auf Radrouten unterwegs bin, die von Autos gar nicht befahren werden dürfen/können? Auch die Art zu beschleunigen/fahren/bremsen müsste leicht erkennbar sein.

Eine schnelle, motivierende Belohnung sieht jedenfalls anders aus. Ich hoffe nur, wir müssen nicht auf Heimarbeit umstellen. Sonst gibt es gar kein(en) Token.

E-Mails an: benedikt.kommenda@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.03.2020)

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