Bildende Kunst

Haag: „Ein Stich ins kulturelle Herz Österreichs“

(c) APA/AFP/JOE KLAMAR
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Nur noch einige wenige kleine Museen haben seit Mittwoch geöffnet. Ein Überblick.

Es gibt diese Menschen, die halten es nicht aus ohne Kunst in Wien. Einmal pro Woche. Auch jeden Tag. Noch nie ist es schließlich seit dem Zweiten Weltkrieg vorgekommen, dass das Kunsthistorische Museum außertourlich geschlossen hält. „Das ist ein echter Stich ins kulturelle Herz Österreichs“, so KHM-Generaldirektorin Sabine Haag am Mittwoch zur „Presse“. Gerade die Altmeisterliebhaber werden mit größeren Entzugserscheinungen rechnen müssen. Die Schönbrunner Betriebe haben geschlossen. Und selbst die kleinere Gemäldegalerie der Akademie der bildenden Künste (Bosch!) ist nicht verfügbar – ist sie zur Zeit doch Gast im Theatermuseum, das zum KHM-Verband gehört.

Kleineren Trost gibt es: Die Kirchen natürlich, bis auf den Stephansdom, der nur für Betende zugänglich ist (kommt drauf an, wie man's damit hält). Das Dommuseum, das am Mittwoch noch daran festhielt, die Tore offen zu lassen. Die noch bis Sonntag laufende Messe für Kunst- und Antiquitäten, die Wikam, in den Palais Ferstel und Niederösterreich. Man achte auf die Besucheranzahl in den Räumen – und am Eingang könne man sich die Hände desinfizieren.

Eine Schreckensmeldung aus dem Kunsthandel gab es am Mittwoch aus Maastricht, wo noch bis Sonntag die weltwichtigste Antiquitätenmesse Tefaf stattfinden sollte. Ein vermutlich italienischer Händler moderner Kunst, der nach den ersten Eröffnungstagen die Messe wieder verlassen habe, sei am Montag in seiner Heimat positiv getestet worden, so der Veranstalter. Der mit einer äußerst zweifelhaften Aussage wohl den Fortlauf der bekanntermaßen sehr kostspieligen Messe zu sichern versuchte: Der Aussteller habe auf der Messe noch keine Symptome gezeigt und deshalb kein Gesundheitsrisiko für andere dargestellt. In Österreich müssten alle, die mit dem Betroffenen in Kontakt gewesen sind, in Quarantäne. Mittwoch abend war es dann soweit: Auch die Tefaf gab bekannt, man schliesse die Messe vorzeitig. 

Die Liebhaber zeitgenössischer Kunst finden leichter Ausweichmöglichkeiten. Bis auf Niederösterreich, die Steiermark und Wien haben die Landesmuseen noch geöffnet – und die Galerien gibt es ja auch noch. Auch die Wiener Secession hält vorerst offen. Im Museumsquartier (Stand Mittwoch) sind es die Kunsthalle Wien mit ihrer frisch eröffneten Schau sowie der Freiraum im MQ mit der Bilderbuch-Ausstellung. Im kleinen Heiligenkreuzerhof der Angewandten ist ebenfalls eine neue Ausstellung – „Unter Flaschen“, für die das Kollektiv Bar du Bois die Idee der Fledermaus-Bar der Wiener Werkstätte neu interpretiert – zu empfehlen.

Österreich sei neben Italien bisher das einzige Land, das den Museumsbetrieb derart massiv einschränkt, so Österreichs Präsidentin des internationalen Museumsverbands Icom, Kunsthaus-Direktorin Bettina Leidl (die ebenfalls ihr Haus schließen musste). Andere Länder hätten zwar noch keine derartigen Regierungsbescheide, so Leidl, was auch arbeitsrechtliche Relevanz habe. Aber es sei zu vermuten: Es werde zu einem Dominoeffekt kommen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.03.2020)

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