EU will Strafen für zu hohe Gehälter

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will Strafen fuer hohe(c) Reuters
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EU-Wirtschaftskommissar Rehn schlägt Sanktionen für Länder vor, die ihre Beamtengehälter trotz gegenteiliger Empfehlung der EU zu stark steigen lassen. Nationaler Widerstand regt sich bereits.

Im Gespräch mit der „Presse“ wartet Olli Rehn, der EU-Wirtschafts- und Währungskommissar, mit einem brisanten Vorschlag auf: Um die derzeit 16 Länder der Eurozone dazu zu bringen, ihre selbst verschuldeten volkswirtschaftlichen Ungleichgewichte zu verringern, solle es Sanktionen für Reformverweigerer geben.

Rehn nennt als Beispiel das Einfrieren von Agrarsubventionen, Förderungen für die Fischereiwirtschaft und Mitteln aus den milliardenschweren EU-Kohäsionsfonds für Länder, die ihre Beamtengehälter trotz gegenteiliger Empfehlung von Kommission und Finanzministerrat zu stark steigen lassen.

Dieses neue Set an Sanktionen hat Rehn am Mittwoch für Euroländer vorgeschlagen, die die Stabilitätskriterien für den Euro missachten. Wer also künftig ein Defizit von mehr als drei Prozent seiner Wirtschaftsleistung einfährt oder seine Staatsschuldenquote auf mehr als 60 Prozent wachsen lässt, riskiert bei Missachtung der Warnungen aus Brüssel den Verlust von EU-Förderungen. Er kann zudem dazu verdonnert werden, für die Dauer seines Zuwiderhandelns verzinste Einlagen bei der Kommission zu hinterlegen.

Fatale Lohnkosten-Spirale

Die Kommission hat aber aus der Krise des Euro den Schluss gezogen, dass der Blick auf Defizit und Schuldenstand allein nicht genügt, um die Stabilität des Euro zu sichern. Man muss auch auf die strukturellen volkswirtschaftlichen Ungleichgewichte im Vergleich zu den Ländern des Nordens, allen voran Deutschland, blicken. Begünstigt durch Stabilität und niedrige Inflation, die der Euro ihnen brachte, gönnten sich die Südländer Lohnabschlüsse, die nicht durch die Produktivität ihrer Arbeitnehmer gerechtfertigt waren. Laut Eurostat stiegen von 2000 bis heuer die Lohnstückkosten in Griechenland um fast 35 Prozent. Zum Vergleich: In Deutschland waren es nur sechs, in Österreich rund 16 Prozent. Der Faktor Arbeit verteuerte sich in Griechenland vor allem deshalb so rapide, weil die Beamtengewerkschaften üppige Lohnabschlüsse herauszuholen wussten. Die wirkten als Signale für die Privatwirtschaft.

Genau hier setzt Rehns neuer Vorstoß an: „Für die Eurozone schlagen wir vor, dass es auch bei makroökonomischen Ungleichgewichten Empfehlungen, Warnungen und Sanktionen geben soll. Es müsste sich um einen dauerhaften Bruch der Empfehlungen handeln, bevor Sanktionen verhängt werden können. Aber es ist wichtig, dass es auch für die Ungleichgewichte einen Zwangsmechanismus gibt.“

Er nannte folgendes Beispiel: „Nehmen wir den hypothetischen Fall des Landes E. Das Land E weicht bei der Wettbewerbsfähigkeit seiner Arbeitskosten stark ab. Gemäß unserem Vorschlag gäbe es eine Empfehlung des Rates, Maßnahmen zu ergreifen, indem es die Gehälter im öffentlichen Dienst einfriert. Wenn das Land E die Beamtengehälter trotzdem zum Beispiel um zehn Prozent erhöht, wäre das in meinen Augen ein klarer Verstoß gegen die Empfehlung.“

Der Kommissar hofft, dass die Finanzminister sich letztlich dafür aussprechen werden, Reformverweigerer zu bestrafen: „Ich möchte, dass die Finanzminister praktizieren, was sie predigen.“

„Wir haben diesen Vorschlag noch nicht explizit bewertet“, teilte man der „Presse“ im Berliner Finanzministerium mit. „Es sollte einen Unterschied zwischen der Überwachung der Defizite und anderen Bereichen geben.“ „Die Diskussion über diesen Vorschlag ist noch nicht abgeschlossen. Es kommt darauf an, in welcher Form, unter welchen Voraussetzungen die Sanktionen kommen sollen – und wer über sie entscheidet“, sagte Finanzminister Josef Prölls Sprecher zur „Presse“.

(c) Eurostat

Zumindest Letzteres ist klar: Das letzte Wort zu Rehns Idee haben die nationalen Regierungen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.07.2010)

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