Pandemie

Schulschließungen 1918: Als die Spanische Grippe grassierte

Helferinnen des Roten Kreuzes während der Spanischen Grippe, 1918
Helferinnen des Roten Kreuzes während der Spanischen Grippe, 1918(c) imago
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Zumindest 25 Millionen Menschen starben vor 100 Jahren an der Spanischen Grippe. Ein Vergleich von 43 Städten zeigt, wie sich (nicht) verhängte Schulsperren auf die Todeszahlen auswirkten.

Über die Wirksamkeit von nichtmedizinischen Maßnahmen - allen voran Schulschließungen - wird aufgrund der aktuellen Ausbreitung des Coronavirus viel diskutiert. Als historisches Beispiel wird in diese Debatten nicht selten die Reaktion in den USA bei Ausbruch der verheerenden Spanischen Grippe 1918/1919 angeführt. Ebenso wie eine Studie von US-Forschern, die aufzeigt, wie mittels Schulsperren, Versammlungsverboten und Quarantänemaßnahmen die Zahl der Todesfälle reduziert werden konnte.

Die Wissenschafter um Howard Markel von University of Michigan untersuchten 2007 die Reaktionen von 43 Städten in den Vereinigten Staaten zwischen September 1918 und Februar 1919. 34 davon verhängten damals Schulschließungen und Einschränkungen öffentlicher Versammlungen. Diese Kombination an Maßnahmen hielt die Mehrzahl der Städte im Schnitt rund vier Wochen aufrecht. Die Todesraten wurden dadurch signifikant reduziert, wie die Wissenschafter im „Journal of the American Medical Association" (Jama) festhielten.

Je früher diese Maßnahmen verhängt wurden, desto stärker ließ sich der Höhepunkt der aufgezeichneten Sterblichkeit verzögern. Vor allem fielen die Todesraten im Durchschnitt niedriger aus, was auch für die Gesamtzahl der Todesfälle in den untersuchten 24 Wochen gilt. Je länger die Maßnahmen aufrecht waren, desto weniger Menschen starben im Durchschnitt.

"Eine der wirksamsten nichtmedizinischen Maßnahmen"

In einem auf der Website des Fachmagazins „Science" am Mittwoch veröffentlichten Interview führt der US-Forscher Nicholas Christakis die Arbeit aus dem Jahr 2007 an.

Anhand des Beispiels der beiden Städte St. Louis und Pittsburgh zeigt er die Unterschiede auf: Während in St. Louis kurz vor dem Höhepunkt der damaligen Epidemie - der Untersuchungszeitraum umfasste die zweite und Teile der dritten Welle der Spanischen Grippe in den USA - Schulen für 143 Tage schloss, wurde in Pittsburgh erst sieben Tage nach dem Höhepunkt für 53 Tage gesperrt. In St. Louis verzeichnete man rund ein Drittel der Todesrate Pittsburghs.

Christakis zufolge könne bei Schulschließungen nach dem Auftreten eines Falles an einer Schule rund ein Viertel der Infektionen verhindert und der Höhepunkt der Epidemie um zwei Wochen verschoben werden. Proaktive Schließungen - also noch bevor ein Fall auftritt - hätten sich "als eine der wirksamsten nichtmedizinischen Maßnahmen erwiesen, auf die man zurückgreifen kann", meinte der Wissenschafter.

Spanische Grippe

Die Spanische Grippe war eine Influenza-Pandemie, die zwischen 1918 und 1920 zumindest 25 Millionen Menschen das Leben gekostet hat - die Fachzeitschrift „Bulletin of the History of Medicine" ging im Jahr 2002 sogar von rund 50 Millionen Todesopfern aus. Die meisten Opfer waren 20- bis 40-jährige Personen.

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(APA/Red.)

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