Das Geschäft mit dem guten Gewissen

Greenwashing: außen grün und innen…?

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Schön, dass dank des Coronavirus der Himmel über China wieder blau ist. Der Klimawandel ist trotzdem nicht vom Tisch. Und was man wirklich dagegen tut.

Dieser Tage flatterte eine Meldung auf den Tisch. Illycafé wolle eine „Benefit-Corporation zum Wohl von Mensch und Planet“ werden. Man plane dafür sogar eine Änderung der Unternehmens-Charta. Klingt gewichtig – aber was heißt es genau?

Oder die Amtseinführung des neuen Chefs von Ikea Österreich, Alpaslan Delioglu. Er signalisierte ehrliches Interesse, seinen Beitrag gegen den Klimawandel leisten zu wollen. Wie denn?, kam die Frage aus dem journalistischen Publikum.

Indem Ikea ab Ende 2020 nur mehr recycletes Plastik verwenden wolle, antwortete Delioglu. Und er wolle einen Mietmöbel-Service in Österreich einführen. Und gebrauchte Ikea-Möbel wiederaufbereiten.

Gleich drei Ideen, ganz schön engagiert. Doch schaut man genau hin, gibt es zu jeder ein „ja aber“. Erstens, im Markt gibt es nicht so viel recyceltes Plastik, wie jetzt alle verwenden wollen. Und Plastik bleibt Plastik, auch wenn es recycelt ist. Warum entwickelt Ikea mit all seiner Marktmacht keine Alternative?

Zweitens, Möbel vermieten oder restaurieren bedient nur schmale Nischen. Bei 800 Millionen Euro Jahresumsatz in Österreich fallen sie wohl kaum ins Gewicht.

Ablasshandel oder Business

Ist das jetzt Greenwashing? Oder sind wir schon so misstrauisch, dass die gute Absicht nicht mehr zählt? Oft ist das Misstrauen berechtigt, davon zeugen unzählige Beispiele:

  • Amazon-Chef Jeff Bezos richtet einen zehn Milliarden Dollar schweren „Earth Fund“ gegen den Klimawandel ein – derselbe Jeff Bezos, der kaum Steuern zahlt, Mindestlöhne verweigert und sich keinen Deut um die Arbeitsbedingungen seiner Leute schert. Plagt ihn das schlechte Gewissen?

  • Die H&M „Concious" Kollektion bewirbt nachhaltige Kleidung recycelten Ursprungs – verschwindend geringe Mengen neben den Tonnen jährlich verbrannter Kleidungsstücke.

  • Lidls Slogan „Wer mehr PET-Flaschen kauft, kann auch mehr recyceln“ beleidigt den gesunden Menschenverstand. Mehr Plastik kaufen soll gut sein?

  • Ferreros „grüne“ Milchschnitte macht auf gesund, enthält in Wahrheit aber genauso viel Zucker und Palmöl wie die weiße.

  • Das glückliche Huhn (wahlweise Schwein/Rind) auf der Eier-/Fleisch-Packung lenkt nur von unwürdiger Massentierhaltung ab.

Es gäbe noch vieler solcher Beispiele. So viele, dass das Netzwerk Underwriters Laboratories daraus eine Kategorisierung ableiten konnte. Daran erkennt man Greenwashing:

  • Versteckter Kompromiss: Ein kleiner Teil ist umweltfreundlich, über den Rest reden wir nicht. Nespresse recycelt zwar seine Kapseln unter medialem Getöse, geht aber nicht vom problematischen Aluminium ab.

  • Irrelevanz: Obsoletes wird beworben, wie etwa „FCKW-freie“ Spraydosen. Die sind seit Jahrzehnten verboten.

  • Falschaussage: „Biologisch zertifiziert“ klingt gut. Ein solches Zertifikat existiert aber nicht.

  • Fehlender Nachweis: Eine Ware wird als „regional“, „ökologisch“, „nachhaltig“ oder „umweltschonend“ beworben. Doch nirgends steht, wo und wie genau sie hergestellt wurde. 

  • Beschönigung: Mit dem Etikett „Bio“ täuscht ein Burger vor, gesund zu sein. Was er per se nicht sein kann.

  • Verschleierung: Die deutsche Bahncard nennt sich „grün“. Ökostrom gibt es aber nur im Fernverkehr. Der in Deutschland beachtliche Nahverkehr fährt mit Kohlestrom.  

Was heißt das nun für Ikea, Illy & Co? Lassen wir einmal die gute Absicht gelten. Die Frage ist, was man daraus macht. Natürlich steckt immer eine Managementstrategie dahinter. In Grün steckt mehr Umsatz steckt mehr Gewinn, so einfach.

Start-ups tun sich da leichter: Sie schreiben sich Nachhaltigkeit in die DNA schreiben und legen einfach los. Ein Konzern braucht Jahre, sich zu drehen. Diese Zeit muss man ihm geben – und ihm gleichzeitig auf die Finger schauen. Der Konsument will Fortschritte sehen, mehr als nur quick wins. Und Täuschungen sprechen sich schnell herum.

Denn dumm sind Konsumenten nicht.

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