Formel 1

Unsichtbarer Feind in einer sterilen Boxengasse

Der McLaren-Rennstall räumte nach dem Coronavirus-Fall sofort die Box.
Der McLaren-Rennstall räumte nach dem Coronavirus-Fall sofort die Box.(c) imago images/AAP (MICHAEL DODGE via www.imago-imag)
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Der ohnehin schon umstrittene Saisonauftakt in Melbourne steht nach einem positiven Coronavirus-Test vor der Absage. Das McLaren-Team zog seine Nennung zurück, aber FIA und F1-Eigner warteten aus Kommerzgründen zu.

Melbourne. Nach dem ersten Coronavirus-Fall in der Formel 1 steht das ohnehin umstritten gewesene Auftaktrennen in Australien vor der Absage und droht die weitere Saison ins Chaos zu stürzen.

McLarens Teamchef Andreas Seidl bestätigte am Donnerstag den positiven Test bei einem seiner Mitarbeiter und zog als Konsequenz seinen Rennstall für den am Sonntag (6.10 Uhr/MEZ/Sky, ORF1) geplanten Grand Prix in Melbourne zurück.

Der Techniker wurde kurz nach Auftreten erster Symptome isoliert und von lokalen Gesundheitsbehörden betreut. McLaren hatte am Mittwoch zusammen mit dem US-Team Haas (vier Mitarbeiter) die ersten Verdachtsfälle auf das Coronavirus bestätigt.

Das erste von ursprünglich 22 geplanten Saisonrennen steht damit vor dem Aus. Angesichts von Reisebeschränkungen in der Coronavirus-Krise (vor allem für Teams aus Italien) hatte F1-Sportchef Ross Brawn angekündigt: „Wenn ein Team an der Einreise in ein Land gehindert wird, dann können wir kein Rennen haben.“

Kritik von Lewis Hamilton

Die Formel 1 musste wegen der Epidemie bereits das für den 19. April in Shanghai geplante Rennen absagen. Der Grand Prix von Bahrain am 22. März wird – im besten Fall – vor leeren Rängen ausgetragen. Die anschließend angesetzte Vietnam-Premiere in Hanoi am 5. April steht infrage. Nicht ausgeschlossen ist, dass die Formel 1 heuer erst am 3. Mai in Zandvoort in den Niederlanden startet.

Vor McLarens Rückzug hatte Weltmeister Lewis Hamilton die Austragung des Saisonstarts in Australien scharf kritisiert. „Ich bin sehr, sehr überrascht, dass wir hier sind“, äußerte der Mercedes-Star sein Unverständnis. „Ich denke, es ist großartig, dass wir Rennen haben können. Aber für mich ist es schockierend, dass wir alle in diesem Raum sitzen.“

Der Brite verwies unter anderem darauf, dass zum Beispiel andere Sparten – NBA, diverse europäische Fußballligen, etc. – dem Virus mit einer Unterbrechung ihres Spielbetriebs begegnen. „Es scheint, als ob der Rest der Welt reagiert, so der sechsmalige Weltmeister. Nur die Formel 1 nicht, sie fährt in ihrer sterilen Selbstherrlichkeit weiter. Geschäftsführer Chase Carey und FIA-Präsident Jean Todt gerieten zwar unter Zugzwang, wollten das Rennen dennoch unbedingt austragen. Natürlich, des Geldes wegen. 300.000 Tickets wurden verkauft, kolportierte 25 Millionen Dollar beträgt Melbournes „Promoters Fee“, also der Mitgliedsbeitrag in diesem PS-Zirkus. „Geld regiert die Welt“, sagte Hamilton auf die Frage, warum am Rennen festgehalten werde. (fin)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.03.2020)

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