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Wie man die soziale Isolation (nicht) verbringen sollte: Fünf Kammerspiele auf Netflix & Co.

Fox Television
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So spannend kann Hüttenkoller sein: Das Angebot der Streamingdienste ist aktuell besonders gefragt. Ohne Zerstreuung kann soziale Isolation nämlich allerlei Aufregung zeitigen, wie diese fünf Filmbeispiele zeigen.

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Das Fenster zum Hof

Von Alfred Hitchcock, 1954
Zu sehen auf Sky

Was gibt es Faderes, als zu Hause rumzuknotzen? Während draußen die weite Welt winkt, steckt man notgedrungen – wegen Gipsbein oder Bettruhe oder Maßnahmen gegen das Zusammenströmen größerer Menschenmassen – im Wohnkerker fest und lechzt nach Zerstreuung. Da kann schnell düsteres Kopfkino durchstarten. Besonders, wenn man von Berufs wegen voyeuristische Neigungen hat. So wie Fotojournalist Jeff (James Stewart) in „Das Fenster zum Hof“. Der sitzt nach einem Beinbruch im Rollstuhl. Doch sein Adlerauge schweift durch die titelgebende Öffnung, wo sich ihm reizvolles Fenstertheater darbietet. Harmlose Unterhaltung. Bis er nächtens einen Schrei vernimmt. Und sich einer seiner Nachbarn verdächtig verhält. Keine Frage: Hier ist ein Mörder am Werk. Oder bloß Jeffs lebhafte Fantasie?

Hitchcocks Klassiker ist ein Psychothriller-Paradebeispiel – und ein Zeugnis jenes rigorosen Formalismus, mit dem der Kultregisseur seine Suspense-Stückerln zu verschrauben pflegte. Die Ausgangssituation wirkt wie eine Versuchsanordnung zur Spannungserzeugung, mit der Hofbühne als unzweideutige Kinometapher: Jeder gerahmte Blick verbirgt und offenbart, kitzelt die Neugier, hält Gewissheit in der Schwebe. Angstlust ahoi!

All Is Lost

Von J. C. Chandor, 2013
Zu sehen auf Netflix

Soziale Isolation hat einen schlechten Ruf. Dabei wird sie von einigen aktiv gesucht. Segelenthusiasten zählen oft zu den energischsten Geselligkeitsverweigerern. Sie scheuen weder Kosten noch Mühen, um sich vom Winde verwehen zu lassen. So auch die namenlose Hauptfigur von „All Is Lost“, gespielt von einem souveränen Robert Redford. Selbstvergessen schippert er durch den Indischen Ozean. Grenzenlose Freiheit über den Wellen! Wäre da nicht ein nerviger Warencontainer. Er treibt im Meer und schrammt ein Leck ins Boot. Jetzt heißt es anpacken oder untergehen. Der alte Seebär kämpft im Alleingang ums Überleben. Schauspielkino, existenzielles Drama, symbolische Sozialkritik? Sie entscheiden.

The Invitation

Von Karyn Kusama, 2015
Zu sehen auf Netflix, Amazon und Sky

Wenn Restaurants schließen, haben Dinnerpartys Konjunktur. Im Kino verlaufen sie selten ohne Zwischenfälle, sie dienen Drehbuchautoren oft als konzeptuelles Sprungbrett für spektakuläre Eskalationen. Auch in Karyn Kusamas „The Invitation“ läuft eine anfangs freundschaftliche Zusammenkunft aus dem Ruder. Ein junges Paar besucht die Ex-Frau des Mannes, die mit ihrem neuen Partner zum Versöhnungsessen geladen hat. Alte Spannungen schwelen, wirken aber überwindbar. Zumal sich die Gastgeber in Therapie befinden. Bei einer Gemeinschaft, die spirituelle Traumabewältigung predigt. Ihre Methoden schlagen an. Doch es gibt Risiken und Nebenwirkungen: Ein Kammerspiel der intensiven Art.

Der Mieter

Von Roman Polański, 1976
Zu sehen auf Amazon

Im Klima allgemeinen Argwohns kann die Einschränkung sozialer Kontakte ungute Früchte tragen. Wucherungen von Paranoia unter günstigen Bedingungen veranschaulicht diese kafkaeske Parabel von Roman Polański mit Nachdruck und schwarzem Humor. Ein alleinstehender Angestellter (verkörpert vom Regisseur selbst) zieht in ein unscheinbares Pariser Apartment. Sein banaler Alltag bietet keinerlei Grund zur Aufregung. Trotzdem wird er von seinen Nachbarn scheel beäugt. Und fürchtet sich zusehends, Ziel einer nebulösen Verschwörung zu sein. Mit Gusto treibt der Film irrationalen Wahnwitz auf die Spitze. Und mahnt implizit dazu, sich auch im Ausnahmezustand nicht komplett einzuigeln.

Family Guy: Brian & Stewie

Staffel 8, Folge 17
Zu sehen auf Amazon

Lange waren Fernsehserien ein Spiegelbild der Zuschauerperspektive: Von der Wohnzimmercouch aus blickte man in andere Wohnzimmer, wo familiäre Sitcom-Spompanadeln ihren Lauf nahmen. Zeichentrick-Comedys wie die „Simpsons“ knüpften an diese Tradition an. Doch Animation bot Möglichkeiten vielfältiger Tapetenwechsel, die herkömmlichem TV-Amüsement budgetbedingt verschlossen blieben. Da wirkt es fast gewagt, wenn eine Sendung wie „Family Guy“ den entgegengesetzten Weg geht und eine Folge als Kammerspiel konzipiert.

In „Brian & Stewie“ werden zwei Favoriten der skurrilen Show – der bürgerlich-intellektuelle Familienhund und das größenwahnsinnige Superbaby, beide gesprochen vom Serienschöpfer Seth MacFarlane – versehentlich in einem Banktresor eingesperrt. Im klaustrophobischen Druckkochtopf schäumt die Hassliebe des Gegensatzpaars schnell über. Was als übersteigerte Ekel-Groteske beginnt, entwickelt sich zu einer erstaunlich reifen Charakterstudie, die anmutet wie das Miniaturmodell eines Broadway-Dramas. Nicht nur Mägen, auch Herzen werden ausgeschüttet. Ausnahmefall bei einer Serie, für die Charakterentwicklung sonst ein Fremdwort ist.

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