Staatshilfe

"Corona-Krisenfonds" mit vier Milliarden Euro, Nulldefizit abgesagt

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Die Bundesregierung will vier Milliarden Euro Soforthilfen für die Wirtschaft bereitstellen.

Die Regierung hat am Samstag einen vier Milliarden Euro schweren "Corona-Krisenfonds" angekündigt. Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) sprach bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Sozialpartnern von einem ersten Schritt. Teil des Pakets ist auch ein neues Kurzarbeitsmodell. Der eigentlich für heuer geplante Budgetüberschuss ist damit Geschichte.>> Die aktuellen Ereignisse rund um das Coronavirus finden Sie in unserem Live-Ticker.

"Das Budget 2020 wird keines sein, wo ich von einem ausgeglichenen Haushalt sprechen werde", sagte Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) bei der Pressekonferenz. "Ein ausgeglichener Haushalt ist immer wichtig, aber die Gesundheit der Österreicher, die Arbeitsplätze und der Standort sind wichtiger."

Für die Kurzarbeit werden laut Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) 400 Millionen Euro zur Verfügung stehen - also deutlich mehr als im Krisenjahr 2009. Neu ist unter anderem, dass die Arbeitszeit auf bis zu null reduziert werden kann.

Kanzler rechnet mit weiteren Maßnahmen

Kurz geht davon aus, dass über die nun angekündigten vier Milliarden Euro hinaus "weitere Maßnahmen" zur Bewältigung der Corona-Krise nötig sein werden. Modifizieren will die Regierung aber offenbar die im Epidemiegesetz verankerten Entschädigungsansprüche für Unternehmen, die von Betriebsschließungen betroffen sind. Notverstaatlichungen wären laut Kurz möglich, aber nicht aktuell.

Auf die Frage, ob Österreich - wie die deutsche Regierung - im Fall des Falles zur Verstaatlichung zentraler Unternehmen bereit wäre, meinte Kurz: "Natürlich ist das möglich nach dem Epidemiegesetz. Dort, wo es nötig wäre, würden wir nicht davor zurückschrecken. Derzeit stellt sich diese Frage nicht."

Modifizieren will die Regierung aber offenbar die im Epidemiegesetz verankerten Schadenersatzansprüche. Diese sehen für Betriebe, die zur Bekämpfung des Coronavirus geschlossen werden, einen Anspruch auf Entschädigung für Verdienstentgang vor. Darauf angesprochen kündigte Kurz "einige Gesetzesänderungen" an, denn: "Das Epidemiegesetz stammt teilweise aus einer Zeit, die mit einer heutigen nicht vergleichbar ist." Details nannte er nicht.

Kogler lobt „Konsens-Demokratie“ 

Wie viel die Krisenbewältigung im Endeffekt kosten wird, konnte Finanzminister Blümel noch nicht abschätzen: "Wie viel das am Ende des Tages kostet, das könnte ich nur beantworten, wenn Sie mir sagen, wie lange die Krise dauert und wie schwer sie wird." Anträge auf Kurzarbeit sollen laut Wirtschaftskammerpräsident Harald Mahrer (ÖVP) ab Montag möglich sein.

Für Vizekanzler Kogler dienen die Sofortmaßnahmen vor allem dazu, "das Blut im Wirtschaftskreislauf zu behalten". Die aktuelle Situation sei dramatischer als die Finanzkrise, denn diese habe oben (bei großen Banken, Anm.) begonnen - heute verbreite sich die Krise aber von unten nach oben. Kogler lobte daher die in der Krise funktionierende "Konsens-Demokratie".

"Es geht nicht um Kompromisse, es geht um Schicksale, um Existenzen", meinte denn auch ÖGB-Chef Wolfgang Katzian (SPÖ). Das soziale Netz müsse die Menschen auffangen, denn diese seien "nicht too big to fail, sondern too many to fail." An die Unternehmern appellierte er, das Kurzarbeitsmodell in Anspruch zu nehmen und Arbeitsplätze zu sichern und an die Arbeitnehmer, nichts ungeprüft zu unterschreiben.

Für die Wirtschaftskammer lobte Präsident Mahrer die angekündigten Soforthilfen. Er lieferte außerdem einen Appell, sich daran zu halten und keinen Profit aus der Krise zu schlagen: "Das ist ein gemeinsames, rot-weiß-rotes Programm und kein Programm für Trittbrettfahrer."

Gewerkschafter warnen vor Beschneidung der Arbeitnehmerrechte

Gewerkschaftsvertreter warnten am Samstag davor, angesichts der Krise Arbeitnehmerrechte zu beschneiden. Sie forderten zudem Rücksichtnahme auf jene Personen, die für den Rest der Bevölkerung den Alltag am Laufen halten.

"Wenn jetzt schon zu Beginn der Krise einige Unternehmer fordern, Beschäftigte mit sofortiger Wirkung kündigen zu können, dann zerstört das den gerade jetzt so wichtigen Zusammenhalt in der österreichischen Gesellschaft," so Roman Hebenstreit, Vorsitzender der Verkehrs- und Dienstleistungsgewerkschaft Vida. Barbara Teiber, Vorsitzende der Gewerkschaft der Privatangestellten (GPA-djp), erinnerte an die besondere Belastung für die Handelsangestellten. Sie richtete einen Appell an die Konzerne: "Die Kundenfrequenzen sind vielerorts höher als zu Weihnachtsfeiertagen. Um ein Mindestmaß an Ruhezeit für die Beschäftigten im Lebensmittel- und Drogeriehandel zu gewährleisten, braucht es dringend eine Beschränkung der Öffnungszeiten von 8:30 Uhr bis maximal 18 Uhr."

Mit dem Programm der Regierung zufrieden zeigte sich die Industriellenvereinigung. Es handle sich bei dem Fonds um ein „Paket zur Stabilisierung der Wirtschaft“, das einen Beitrag leiste, „um Betrieben und Menschen Unterstützung, Sicherheit und eine Zukunftsperspektive zu bieten“, so der Generalsekretär, Christoph Neumayer.

(APA)

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