Karriereende

„Au revoir“: Monsieur Nimmersatt hat genug

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Martin Fourcade war das Gesicht des Biathlons, nun gewann der Franzose sein letztes Rennen. Über eine Karriere zwischen Goldserien und Albträumen.

Kontiolahti. Standesgemäß hat Martin Fourcade seine Erfolgskarriere beendet. Frankreichs Biathlonsuperstar gewann am Samstag die Verfolgung im finnischen Kontiolahti, es war zugleich das letzte Rennen dieses Winters - und ob der Coronavirus-Krise eines iohne Zuschauer. Im Ziel standen zumindest die Skijäger Schlange und erwiesen dem Ausnahmekönner die Ehre.

Seinen achten Gesamtweltcupsieg verpasste Fourcade zwar hauchdünn – Johannes Thingnes Bø hatte am Ende zwei Punkte mehr –, seine Karriere aber ging in die Sportgeschichte ein. „Mein Wille, das Beste zu geben und Berge zu versetzen, ist immer noch da. Aber die Fortsetzung meines Wachsens als Mann, als Vater, muss jetzt auf anderen Wegen geschehen. Es ist Zeit, sich zu verabschieden“, erklärte der 31-Jährige. Er will in die Sportpolitik wechseln.

Der Name Fourcade wird für immer mit sportlicher Besessenheit, einmaligen Erfolgen, Provokationen und dem Kampf gegen Doping verbunden sein. Aber auch mit gelernter Demut und dem Comeback eines unschlagbar erscheinenden Überfliegers. „Ich habe gekämpft und gewonnen. Ich bin gefallen und aufgestanden. Vor allem bin ich erwachsen geworden.“

Missverstandene Arroganz

Der Ausnahmekönner dominierte die Loipenjagd wie zuvor nur Ole Einar Bjørndalen. Ein Rekord ist wohl für die Ewigkeit: Sieben Gesamtweltcupsiege hat niemand geschafft. Zudem war Fourcade der Erste, der bei sieben Titelkämpfen in Folge Gold holte. Der zweifache Familienvater hat 80 Weltcupsiege zu Buche stehen, nur Bjørndalen hat mit 94 Erfolgen mehr. Er wurde fünfmal Olympiasieger, 13-mal Weltmeister. Die Erfolge haben „meine schönsten Träume bei Weitem übertroffen“.

Fourcade war nicht nur das sportliche Aushängeschild des Biathlonsports, er war auch der Wortführer der Skijäger im Antidopingkampf. Seinen größten Auftritt hatte er dabei bei der WM in Hochfilzen 2017, als er sich den russischen Eposünder Alexander Loginow vorknöpfte.

Das Gelbe Trikot war da längst zu seiner zweiten Haut, zur Selbstverständlichkeit geworden. „Wenn ich einmal nicht gewonnen habe, dann halt am Tag darauf“, sagte Fourcade. Dass er mitunter arrogant wirkte und provozierte, weil er schon nach dem letzten Schießen mit geballter Faust jubelte oder mit abgeschnallten Ski ins Ziel lief, verstand er nie. In seiner Autobiografie schrieb er, wie ihm seine jugendliche Überheblichkeit bei der Junioren-WM 2008 zum Verhängnis geworden war und wie er sich schwor, diesen Fehler nie wieder zu begehen.

Bø stutzt ihn zurecht

Zuletzt war davon ohnehin nichts mehr zu sehen. Nach Olympia 2018 und drei Goldmedaillen wurde er von allen in Beschlag genommen, Fourcade als Botschafter für Olympia 2024 in Paris, als Promoter seiner Autobiografie, als Veranstalter seines eigenen Sommerwettkampfes, als Experte für ein Computerspiel und Mitgestalter eines Holzgewehres für Kinder. Mangelnde Regeneration war die Folge, Fourcade stürzte ab. Bei der WM in Östersund holte er keine Medaille – eine Majestätsbeleidigung. Fast spielerisch lief ihm Johannes Thingnes Bø den Rang ab. „Ich habe plötzlich gemerkt, dass Biathlon schwierig ist.“

Doch Fourcade kämpfte sich in diesem Winter eindrucksvoll zurück, wurde in Antholz Weltmeister im Einzel und in der Staffel. Und zeigte Demut, stellte das Team in den Vordergrund. „Ich bin stolz, dass es mir gelungen ist, meine Zweifel und meine Albträume zu besiegen.“ Fourcade hat seinen Nachfolgern im Team den Weg geebnet, für Quentin Fillon Maillet und ?milien Jacquelin, die bei seinem letzten Rennen mit ihm auf dem Podest gestanden sind, ist er das Vorbild.

APA/AFP/MARCO BERTORELLO

(joe)

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