Interview

Bernhard Pörksen: „Nun regiert die emotionale Infektion“

Bernhard Pörksen: „Dieser dauernde Livemodus erzeugt unvermeidlich Panik.“
Bernhard Pörksen: „Dieser dauernde Livemodus erzeugt unvermeidlich Panik.“Alber Fuchs
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Um die Spanische Grippe haben Medien 1918/1919 wenig Aufhebens gemacht, sagt der deutsche Medienwissenschaftler Bernhard Pörksen. Corona ist hingegen auch medial ein „Weltbeben“.

Das Coronavirus ist in diesen Tagen das alles dominierende Thema. Jede Minute erreichen uns neue Schreckensmeldungen. Wie nehmen Sie die mediale Berichterstattung wahr?

Bernhard Pörksen: Es ist eine Art Weltbeben unter vernetzten Bedingungen, das sich da momentan ereignet. Wir sind in eine Atmosphäre der totalen Gleichzeitigkeit eingetreten und leiden unter der Überdosis an Ereignis- und Krisenkonzentration, die uns im Moment auf allen Kanälen erreicht. Alles ist jetzt sichtbar: die seriöse Information, die irrwitzige Verschwörungstheorie, das TikTok-Spaßvideo, auf dem Menschen ihre Angst wegtanzen. Wenn es noch einen Beleg für die Macht der Medien bräuchte – er wäre hiermit im globalen Maßstab erbracht. Und nebenbei, ich lese gerade ein Buch über die Spanische Grippe 1918/1919. Darf ich Ihnen mal eine Zeitungsnotiz aus der damaligen Zeit vorlesen?

Klar dürfen Sie.

Nach einer monatelangen Pandemie – man schätzt, dass es bis zu 50 Millionen Tote gab – schreiben die „Münchner Neuesten Nachrichten“ Anfang Januar 1919: Es sei doch seltsam, „wie gelassen die Welt die furchtbare Influenza-Epidemie“ hinnehme; selbst „schlimmste Sensationsblätter“ würden nicht viel Aufhebens machen, so heißt es.

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