Armory Show

Gute Verkäufe in New York

Viele Besucher auf der Preview: Im Vordergrund die Arbeit „Feeding the Nation II“ von Mella Jaarsma bei Baik Art.
Viele Besucher auf der Preview: Im Vordergrund die Arbeit „Feeding the Nation II“ von Mella Jaarsma bei Baik Art.Madison Voelkel/BFA.com
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Allen Warnungen und Befürchtungen zum Trotz fand die New Yorker Messe für zeitgenössische Kunst statt und sollte ein Erfolg werden.

Mit Krisen hat die Führung der Kunstmesse Armory Show umzugehen gelernt. Erfuhren sie doch im Vorjahr zwei Wochen vor der Eröffnung, dass der Pier 92 so baufällig war, dass er zu einem großen Teil nicht genutzt werden konnte. Die Organisatoren mussten rasch einen Ausweg finden und entschieden sich dazu, auf Pier 90 auszuweichen.

So ließen sich die Messeveranstalter auch nicht vom Coronavirus abschrecken und die Sammler und Besucher offensichtlich auch nicht, war doch die Preview alles andere als leer. Medienberichten zufolge waren unter den Gästen Cecilia Alemani, Kuratorin der nächsten Kunstbiennale in Venedig, Art-Basel-Chef Marc Spiegler, das Kunstsammlerpaar Susan und Michael Hort sowie Barbara und Aaron Levine aus Washington und auch Jorge Pérez aus Miami. Auch Vertreter vieler Museen seien vor Ort gewesen, wie die Messe bekannt gab, darunter Institutionen wie das Moma, die Serpentine Galleries, die Tate, das Städel Museum Frankfurt, der Louvre oder das Musée d'Orsay.

Die Messe ging aber auf Nummer sicher und ging noch quasi in letzter Minute eine Kooperation mit der Onlinekunstplattform Artsy ein, die den Messekatalog publizierte und alle Aussteller einlud, ihre Ware hochzuladen. Auch bei den Ausstellern selbst gab es nur zwei Absagen: Pearl Lam Galleries aus Hongkong und Shanghai und Shangh Art, die in Peking, Shanghai und Singapur ihre Niederlassungen hat. Von den italienischen Galerien sagten hingegen keine ab.

Fist Bumps statt Küsschen. Die Stimmung war Berichten zufolge gut. Lediglich die in der Szene beliebten Wangenküsschen und auch klassisches Händeschütteln wurde großteils vermieden und durch Fist Bumps, Nudges oder ein simples Lächeln ersetzt. Die Besucher schienen das Beste aus der Ausnahmesituation machen zu wollen. So schlug sich das Virus auch kaum auf die Kauflust der Besucher. Der Schweizer Galerist Stefan von Bartha hatte Arbeiten von Imi Knoebel und Landon Metz auf seinem Stand. Von Knoebel verkaufte er das Werk „Anima Mundi 8–4“ aus dem Vorjahr für rund 120.000 Dollar, von Metz zwei Arbeiten ohne Titel für 25.000 respektive 38.000 Dollar – an eine amerikanische und eine europäische Sammlung. Jack Bell aus London hatte neue, großformatige Arbeiten von Lavar Munroe dabei. Die Künstlerin thematisiert Bandenwesen, Drogen und Gewalt. Die erst heuer entstandene Arbeit „17/18 WWJD“ ging für 80.000 Dollar an ein amerikanisches Privatmuseum.

Rasanter Aufstieg. Steil bergauf geht die Karriere des in Ghana geborenen, in Wien lebenden Malers Amoako Boafo. Dieser war schon im Dezember der Star auf der Art Basel Miami und gab im Februar mit „The Lemon Bathing Suit“ bei Phillips in London sein spektakuläres Auktionsdebüt. Für das auf 30.000 bis 50.000 Pfund geschätzte Werk entwickelte sich ein Bietgefecht und trieb den Preis auf 550.000 Pfund. Auf der Armory ging kurz nach der Eröffnung eine Arbeit des Strabag-Artaward-Gewinners 2019 für 200.000 Dollar weg.

Im Sektor Focus war die Brüsseler Galerie „Sorry We're Closed“ mit Robert Navas riesigen Bildern von Haifischen, Drachen und Katzen erfolgreich. Der gesamte Stand war binnen kurzer Zeit ausverkauft, die Werke gingen an private und institutionelle Sammlungen. Der Künstler ist bekannt für seine rohen Zeichnungen und Gemälde von Monstern und Geistern. Seine Ausstellungen in der Night Gallery in Los Angeles und in der V1 Gallery in Dänemark waren allesamt komplett ausverkauft. Auf der Armory gab er sein New-York-Debüt. Die Preise für Zeichnungen starten bei 2000 Dollar, Leinwände bei 25.000 Dollar. Einen Höhenflug erlebt zurzeit auch Street Art. Die Chelsea-Galerie Albertz Benda reüssierte mit Werken des Internetstars Timothy Curtis. Die Preise reichen bis 140.000 Dollar.

Langzeitaussteller Sean Kelly meldete ebenfalls schon nach der Preview starke Verkäufe. So konnte er sämtliche Arbeiten von Hugo McCloud in Museen platzieren. Die Preise reichten von 75.000 bis 95.000 Dollar. Ebenfalls bei Sean Kelly gingen eine Skulptur von Julian Charrière für 60.000 Dollar weg und Fotoarbeiten von Dawoud Bey, die mit 7000 bis 20.000 Dollar angeschrieben waren.

Die Galeristin Mariane Ibrahim aus Chicago, die gerade selbst dank ihrer Spezialisierung auf afrikanische Kunst der Diaspora in der Kunstszene zum Superstar wird, hat sich heuer auf der Armory den Frauen verschrieben. Sie hatte Ruby Onyinyechi Amanze, Zohra Opoku, Lina Iris Viktor und Florine Démosthène auf ihrem Stand. Sie nennt es ihre „Kleine Retrospektive“, hat sie doch in den letzten Jahren sämtliche Künstlerinnen auf der Armory Show schon Soloshows gewidmet. Die Arbeiten kosten zwischen 17.000 und 85.000 Dollar. Generell waren viele Künstler aus Afrika und der Diaspora auf der Messe vertreten. Das liegt sicherlich auch an Jamillah James, Kuratorin am Institute of Contemporary Art in Los Angeles, die auf der Armory Show inhaltlich den Sektor „Focus“ für junge Kunst betreut. Der Sektor ist heuer übrigens auf 31 Teilnehmer gewachsen.

Neuer Ort, neues Datum. Unterm Strich können die Messeleitung und die Aussteller mit der diesjährigen Ausgabe zufrieden sein. Tatsächlich hat die Messe langfristig größere Herausforderungen zu meistern als eine Pandemie. Einerseits ist der jetzige Standort nicht mehr länger tragbar. Die Piers sind baufällig und nicht mehr geeignet. Die Veranstalter haben sich also um eine neue Location umgesehen und sich dazu entschieden, 2021 ins Javits Center umzuziehen. Das Javits Center ist zudem besser an öffentliche Verkehrsmittel angeschlossen und in direkter Nähe zu den schicken neuen Hudson Yards, dem High Line Park und dem Kulturzentrum The Shed angesiedelt. Das vom Architekten James Ingo Freed entworfene Kongresszentrum wird gerade um 1,5 Milliarden Dollar erweitert.

Die Messeveranstalter haben sich auch entschieden, die Armory in den Herbst zu legen, und zwar in den September. Derzeit ist die Armory im engen Messekalender zwischen Frieze Los Angeles, Tefaf New York Spring und Frieze Week sowie der Independent und ADAA eingequetscht.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.03.2020)

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