Quergeschrieben

Hau den Lukas! Warum die Besten die Politik lieber meiden

Erfolgreiche und qualifizierte Persönlichkeiten stellen sich für ein politisches Amt nicht oder allenfalls nur zögerlich zur Verfügung. Und das aus gutem Grund.

Sie sind erfolgreich in Ihrem Beruf, haben ein abwechslungsreiches Privatleben, sind in Ihrem Umfeld beliebt oder sind gefragte Expertin oder Experte. Da tritt man an Sie heran, als Bürgermeister zu kandidieren oder als Quereinsteigerin ein hohes politisches Amt zu übernehmen. Sie werden sich im ersten Moment geschmeichelt fühlen, werden daran denken, dass Sie schon immer gestalten wollten. Aber würden Sie sich das wirklich antun?

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Betrachtet man die parteipolitische Landschaft, beantworten immer mehr jener Persönlichkeiten, die dazu befähigt wären, diese Frage mit „Nein“. Das zeigt sich bundespolitisch genauso wie lokalpolitisch, wie etwa zuletzt bei der Gemeinderatswahl in Niederösterreich. Im nach Einwohnern und Fläche größten Bundesland fanden sich in vielen Gemeinden nicht einmal ausreichend Kandidaten, was dazu führte, dass es nur einer Partei gelang, überall zu kandidieren. Das entspricht wohl eher nicht dem Wesen der Demokratie, ist aber verständlich. Wer will schon einen Job mit viel Verantwortung, der schlecht dotiert ist, bei dem man im Dauereinsatz ist und der von jedem ständig kritisiert und dazu noch persönlich haftbar gemacht wird? Respekt und Anerkennung, früher der Lohn für diesen Einsatz, gibt es längst nicht mehr.

Ähnliches zeigt sich auch auf anderen Ebenen: Während in der weniger beachteten zweiten Reihe, etwa im Nationalrat und im EU-Parlament das Gerangel um die gut dotierten Mandate groß ist, scheut man den Scheinwerfer der ersten Reihe. Bei Regierungsbildungen ist es mitunter schwierig, Ministerposten entsprechend zu besetzen. Das zeigte sich besonders deutlich bei der türkis-blauen Koalitionsbildung 2017, als viele angefragte Kandidaten rundweg ablehnten. Es ließ sie offenbar die Sorge um ihr persönliches Image und Fortkommen zögern oder ablehnen. Denn gerade Politiker in der ersten Reihe sind heute einem gnadenlosen Dauerfeuer ausgesetzt. Dieses kommt nicht nur von den Medien, die mitunter mit demokratisch gewählten Amtsträgern umspringen wie mit dummen Kindern und das als kritischen Journalismus verkaufen.
Wesentlich zur Erosion jeglichen Respekts beigetragen haben die niveaulosen Wortmeldungen auf Twitter und in diversen Foren, wo wüste Beschimpfungen von Politikern mittlerweile Standard sind. Wer will sich dem ohne Not aussetzen? Offenbar sind dazu immer weniger Persönlichkeiten bereit. Man betrachte zum Beispiel die Schwierigkeiten, geeignete Parteiführer zu finden, wie etwa die SPD mit ihrem unglücklichen neuen Spitzenduo; oder die CDU; oder die SPÖ. Ob nun Internetforen, die Medien oder die Parteien selbst daran schuld sind, darüber lässt sich trefflich diskutieren. Das Resultat ist jedenfalls erschreckend.

Woran es heute klar mangelt, sind echte Staatenlenker. Wo sind jene, die über den nächsten Wahltermin hinaus ein Konzept verfolgen? Die nicht auf Applaus und Zurufe aus Medien, auf Meinungsumfragen und Beliebtheitswerte reagieren, sondern standhaft bleiben? Die Eigeninteressen und Parteipolitik den wichtigen Zukunftsfragen unterordnen? Und wie können wir alle dazu beitragen, dass sich fähige Persönlichkeiten wieder vermehrt bereit erklären, politische Verantwortung zu übernehmen? Diese Fragen sind essenziell, denn Wert und Nutzen von Demokratie hängen wesentlich von der Qualität des politischen Personals ab.

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