Coronavirus

Die Schweiz schaltet auf Notbetrieb

Das Schweizer Parlament in Bern am Montag.
Das Schweizer Parlament in Bern am Montag.(c) REUTERS (DENIS BALIBOUSE)
  • Drucken

Von der Covid-19-Pandemie heimgesuchte Kantone drängten die Bundesregierung, schärfere Maßnahmen zur Eindämmung der Infektionen zu ergreifen. Bern reagierte.

„Die Schweiz rast auf den absoluten Notbetrieb zu“, titelte die renommierte Neue Zürcher Zeitung am Sonntag – und traf damit den Nagel auf den Kopf. Am Montag überschlugen sich die Ereignisse: Bis zum Montagabend wurden 2330 Covid-19-Infektionen aus der Schweiz (und Liechtenstein) sowie 18 Todesfälle gemeldet – drei davon allein in der Stadt Basel. Nach offiziellen Angaben beträgt die Ausbreitungsrate des Virus rund 80 Prozent pro Tag; das heißt, dass sich die Fallzahl beinahe täglich verdoppelt. Neben Italien und Spanien gehört die Schweiz damit zu den am härtesten von der Pandemie betroffenen Ländern Europas.

Acht Kantone riefen am Montag den Notstand aus: Tessin, Graubünden, Baselland, Jura, Neuenburg, Genf, Wallis und Waadt. Teilweise kam aus diesen Kantonen Kritik an den bisherigen Maßnahmen der Bundesregierung in Bern zur Eindämmung der Covid-19-Pandemie; diese gingen angesichts einer drohenden Gesundheitskatastrophe nicht weit genug. Das zu Italien benachbarte Tessin ist bisher am stärksten vom Coronavirus betroffen, hier gab es bis jetzt auch die meisten Todesfälle.

Zentrale Steuerung

Der Bundesrat (Regierung) kam am Montag zu einer Krisensitzung zusammen und stufte die Situation in der Schweiz als „außerdordentliche Lage gemäß Epidemiegesetz“ ein. Das bedeutet konkret, dass der Bundesrat das ganze Land zentral steuert und die Kantone keine Kompetenzen mehr haben. Die Schließung aller Schulen bis 4. April, die Einführung von Grenzkontrollen, ein zehn Milliarden Franken starkes Hilfspaket für die Stützung der Wirtschaft und die Einstellung des laufenden Betriebs in allen Schigebieten waren bereits Ende vergangener Woche angeordnet worden. Jetzt kommen neue Maßnahmen dazu:

  • Der totale Stillstand für die gesamte Schweiz, wie ihn bereits die acht Kantone angeordnet haben. Ab Montag Mitternacht sind alle öffentlichen und privaten Veranstaltungen landesweit verboten. Alle Geschäfte, Märkte, Restaurants, Bars sowie Unterhaltungs- und Freizeitbetriebe wie Museen, Bibliotheken, Kinos, Konzert- und Theaterhäuser, Sportzentren und Schwimmbäder werden zugesperrt. Geschlossen werden auch Betriebe, in denen zwischenmenschlicher Abstand nicht eingehalten werden kann, wie Friseursalons oder Kosmetikstudios.
  • Teilmobilmachung der Armee: Bis gestern sind bereits 600 Angehörige des Militärs zu Hilfseinsätzen zur Unterstützung des Gesundheitswesens in die Innerschweiz abkommandiert, bis Juni könnten es sogar 8000 werden.
  • Grenzschließungen zu Deutschland, Österreich und Frankreich. Ab Montag Mitternacht wurde der gesamte Zug- und Flugverkehr mit Österreich eingestellt. Die 16.000 Berufspendler aus Vorarlberg dürfen vorläufig weiter in die Schweiz und nach Liechtenstein einreisen. Auch der Transit- und der Warenverkehr seien weiter erlaubt. Obwohl ganz Italien als Sperrzone gilt, bleibt die Schweizer Grenze nach Italien für Grenzgänger und den Waren- und Güterverkehr vorerst offen.
  • Teilweise Stilllegung des öffentlichen Verkehrs.

Die eidgenössischen Räte brachen am Montag ihre Frühjahrssitzungsperiode ab, erst im Mai soll das Parlament in Bern wieder zusammenkommen – sofern die Krise dann vorbei ist.

(Ag./b.b.)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

A man walks across an empty medieval Charles Bridge in Prague
Pandemie

Coronavirus: Wie andere EU-Staaten reagieren

Von Schulschließungen über Strafen bis zu Sperrzonen - in der gesamten EU versuchen Länder, der Corona-Krise Herr zu werden. Ein ausgewählter Überblick.
Coronavirus

800 Neuinfektionen in der Schweiz binnen 24 Stunden

14 Menschen starben an der neuartigen Lungenerkrankung in der Schweiz. 800 Menschen wurden innerhalb von 24 Stunden postiv auf das Virus getestet. Mehr als 2200 Menschen sind infiziert.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.