Coronavirus

Was in dieser Woche gelingen soll

Bis Ende der Woche wird sich zeigen, ob die ergriffenen Maßnahmen erfolgreich sind. Experten zeigen sich vorsichtig optimistisch – wenn alle mitmachen.
Bis Ende der Woche wird sich zeigen, ob die ergriffenen Maßnahmen erfolgreich sind. Experten zeigen sich vorsichtig optimistisch – wenn alle mitmachen.APA/AFP/ALEX HALADA
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Um die Kurve der Ausbreitung abzuflachen, müssen die Ausgangsbeschränkungen strikt eingehalten und viel mehr Tests durchgeführt werden.

Wien. Mit den seit Montag in ganz Österreich geltenden Ausgangsbeschränkungen begann im Kampf gegen die Ausbreitung des Coronavirus eine in vielerlei Hinsicht entscheidende Woche. Die steigende Zahl an Ansteckungen zu reduzieren und somit die Ausbreitungskurve abzuflachen ist das erklärte Ziel sämtlicher Empfehlungen und Vorgaben der Regierung. Bis Ende der Woche könnten erste Erfolge sichtbar werden. Tag eins zeigt jedenfalls: Der Großteil der Bevölkerung hat den Ernst der Lage erkannt.

In den Krankenhäusern braucht es deutlich mehr automatisierte Tests – vor allem zum Schutz des Gesundheitspersonals.

Die Zahl der Tests zu erhöhen, um Infizierte unverzüglich zu isolieren, gehört zu den wichtigsten Maßnahmen, um die Ausbreitung des Virus einzudämmen – das wurde beispielsweise in Südkorea deutlich, wo relativ früh damit begonnen wurde, täglich rund 20.000 Verdachtsfälle zu testen. Mit dem Ergebnis, dass die Zahl der Ansteckungen rasch zurückging. In Österreich gibt es immer noch zu wenig Testgeräte, weil die weltweite Nachfrage nach den verfügbaren Produkten enorm ist und sich die Lieferungen verzögern. Eine Entspannung der Situation dürfte ein neuer Test des Schweizer Konzerns Roche bringen, der erst am Wochenende zugelassen und von mehreren heimischen Krankenhäusern sofort bestellt worden ist – in den kommenden Tagen sollen die ersten sogenannten Reagenzien ausgeliefert werden, die in bereits vorhandene Diagnosegeräte implementiert werden können. Dann sind mit nur einem Gerät täglich rund 3000 Tests möglich. Zum Vergleich: Bisher wurden in Österreich insgesamt nur knapp 9000 Tests durchgeführt. Vorrangig getestet soll ab sofort das Gesundheitspersonal werden, „weil uns da teilweise ganze Abteilungen ausfallen“, sagt Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne). Der Fall eines positiv getesteten Anästhesisten im Uni-Klinikum Salzburg hatte am Wochenende die Quarantäne für mehr als 100 Ärzte, Pfleger und die Besatzung eines Rettungshubschraubers zur Folge.

Die steigende Zahl der Ansteckungen muss verlangsamt werden, damit es nicht zu einer Überlastung der Intensivstationen kommt.

Wenn sich so gut wie alle an die vorgegebenen Verhaltensregeln halten, zeigen sich Simulationsexperten optimistisch, dass sich die Verdoppelungszeit der Infektionen von derzeit 2,5 Tagen auf fünf bis sechs Tage verlangsamen wird. Erste Effekte könnten schon Ende der Woche sichtbar werden. Jeder gewonnene Tag ist wichtig, damit sich die Ausbreitungskurve abflacht und Intensivstationen nicht überlastet werden – denn die Grippewelle wird zwar schwächer, ist aber noch nicht überstanden, zahlreiche Erkrankte benötigen ebenfalls Intensivbetten.

Am Montag ist die Zahl der Coronavirusinfektionen jedenfalls erneut gestiegen. Aktuell gibt es laut Innenministerium 1018 Erkrankte – ein Anstieg um fast 200 Fälle innerhalb eines Tages. Ein Zuwachs war aber auch bei der Zahl der genesenen Patienten zu verzeichnen. Sie stieg von sechs auf acht.

Bisher hat das Coronavirus in Österreich drei Todesopfer gefordert, zuletzt starb am Montag eine 76-jährige Frau mit Vorerkrankungen in der Steiermark. Auch die beiden anderen Opfer waren ältere Personen (69 bzw. 72 Jahre) und hatten Vorerkrankungen.

Damit es zu keinen Schwierigkeiten in der Pflege kommt, braucht es mehr Freiwillige, die temporär aushelfen.

Um Engpässe in der Pflege zu vermeiden, ist derzeit jede Hilfe willkommen. Freiwillige sind aufgerufen, sich bei den entsprechenden Organisationen wie etwa der Caritas zu melden. Darüber hinaus will die Regierung vermehrt auf die Arbeit von Präsenzdienern zurückgreifen. Zum Beispiel beim Heer: Wer im März abgerüstet hätte, bleibt zwei Monate länger im Einsatz. Das betrifft rund 2000 Grundwehrdiener. Wo sie eingesetzt werden, ist noch unklar.

Noch dringender werden allerdings Zivildiener benötigt. Sie sollen im Pflege- und Betreuungsbereich helfen. Denn dort fehlen wichtige Kräfte aus dem Ausland, die nicht mehr einreisen können. Daher müssen Zivildiener, die seit Juli eingesetzt sind, länger im Dienst bleiben. Voraussichtlich bis kommenden Juni. Betroffene werden schriftlich informiert und erhalten monatlich zusätzlich 190 Euro. Später will die Regierung auf jene Männer zurückgreifen, die im August und September eingerückt sind. Zivildiener könnten aber auch versetzt werden.

Das betrifft hauptsächlich diejenigen, die erst im Jänner oder Februar eingerückt sind und in einem Bereich arbeiten, der derzeit ohnehin eingeschränkt läuft. Insgesamt wären das 4500 zusätzliche Arbeitskräfte. Die Regierung will aber auch ehemalige Zivildiener einsetzen: Theoretisch möglich wäre es, Betroffene zu verpflichten. Besonders benötigt werden Menschen, die in den vergangenen fünf Jahren im Pflege-, Betreuungs- und Sanitätsbereich gearbeitet haben. Die Regierung hofft aber auf genügend Freiwillige. Sie können sich per Mail, online und Telefon informieren. Am Montag waren es bereits mehr als 1000 Menschen.

Die Schließungen der Schulen müssen weiterhin konsequent eingehalten werden – der erste Tag begann vielversprechend.

In den Schulen sind am Montag – glücklicherweise – weniger Kinder erschienen als erwartet. Manche Gebäude waren völlig leer, in anderen nahmen rund zehn bis 20 Kinder Platz. Mehr war auch in den Kindergärten vielerorts nicht los. Im Schnitt wurden laut Bildungsministerium rund fünf bis sieben Prozent der Schüler in die Betreuung geschickt.
Generell dürften die Schulen in den Städten etwas höher frequentiert sein als die im ländlichen Raum. Die Oberstufen sind seit Montag geschlossen. In den Volksschulen, Neuen Mittelschulen, AHS-Unterstufen und Sonderschulen wird bis zum Beginn der Osterferien, am 3. April, eine Betreuung angeboten. Eltern, die etwa im Gesundheitsbereich oder im Lebensmittelhandel arbeiten, können darauf zurückgreifen. Die Lehrer versehen Journaldienst. Allzu viel Personal dürfte es hierfür nicht brauchen. Der Unterricht soll zu Hause weitergehen. Den Jüngeren sollen dabei die Eltern helfen, die Älteren auf E-Learning zurückgreifen.

Mitarbeiter in Supermärkten gehören entlastet. Wer Erfahrung in dieser Branche hat, kann sich melden und helfen.

Der Ansturm auf Supermärkte war in den vergangenen Tagen enorm, das Personal arbeitet an der Belastungsgrenze. Allein die Billa-Mutter Rewe sucht temporär 2000 Mitarbeiter – und geht dabei ungewöhnliche Wege. Vorstandsvorsitzender Marcel Haraszti ruft etwa „Oberstufenlehrer, Studenten, Mitarbeiter aus der Gastronomie und anderer Dienstleistungsbranchen, aber auch all jene, die im Non-Food-Handel tätig sind – und derzeit nicht arbeiten – auf, sich bei uns zu melden“. Dabei gehe es vor allem darum, die gelieferte Ware einzuschlichten und Regale aufzufüllen. Die gute Nachricht: „Es gibt in Österreich keine Versorgungsengpässe. Wir sind bestens vorbereitet und haben die Lagerstände erhöht.“ Selbiges gilt für alle anderen Supermarktketten, die Sorge vor Versorgungsengpässen ist unbegründet.

Wer weiterhin nicht ohne öffentliche Verkehrsmittel auskommt, sollte einen Mindestabstand von einem Meter halten.

Grundsätzlich gilt, dass öffentliche Verkehrsmittel nach Möglichkeit gemieden werden sollten – was befolgt wird. In Wien ging am Montag das Fahrgastaufkommen um fast die Hälfte zurück. Die wenigen Fahrgäste bemühten sich sichtlich, möglichst viel Abstand zu halten. Neu ist seit Montag, dass Busfahrer besonders geschützt werden. Damit Fahrgäste die Distanz wahren, öffnet die vordere Tür nicht mehr. Auch die Türen öffnen nun in Bussen und den Straßenbahnen automatisch.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.03.2020)

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