Gastkommentar

So überlebt die Wirtschaft das Virus

Die drei Stufen einer  richtigen budgetpolitischen Antwort auf die Corona-Krise in Österreich.

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Die Regierung hat zaghafte richtige Schritte gesetzt, aber den Ernst der Lage nur im Ansatz verstanden. Die Veränderung unseres öffentlichen Lebens für „mehrere Monate“ geht nicht nur an die Substanz ganz vieler Unternehmen, sondern an die wirtschaftliche Existenz der breiten Mehrheit.

In Stufe 1 der Antwort auf die Krise gilt es, fallende Einkommen zu stützen. Die richtigerweise ausgedehnte Kurzarbeit sichert vornehmlich Arbeitsplätze der Industrie des Landes. Zehntausende andere werden plötzlich unverschuldet arbeitslos oder treten schon in Aussicht gestellte Jobs nicht an. Hier ist ein zeitlich befristetes höheres Arbeitslosengeld nicht nur gerecht, sondern dient auch der Stützung des privaten Konsums. Menschen in prekärer Beschäftigung brauchen in letzter Konsequenz einen raschen Zugang zu einer ebenfalls leicht erhöhten Mindestsicherung ohne den üblichen Vermögen-Striptease.

Auch für Selbstständige geht es in der Krise ums wirtschaftliche Überleben. Mit dem Fokus auf die Zahlungsfähigkeit von Unternehmen hat der Staat einen ersten richtigen Schritt gesetzt. Drei (oder mehr?) Monate ohne wesentliches Einkommen bedeuten jedoch immer noch für sehr viele kleine Selbstständige den Konkurs. Stundungen von Steuer- und Abgabenzahlungen sowie Bankkrediten sind essenziell. Doch die Miete muss immer noch bezahlt werden. Nicht alle Vermieter sind kooperativ und verzichten krisenbedingt auf Mieteinnahmen. Ein gesetzliches Mietmoratorium (Aussetzen der Zahlungen, ohne sie nachzuholen) ist dafür angebracht. Eine faire Verteilung der Krisenkosten verlangt auch einen Beitrag der reichsten Mitglieder der Gesellschaft – ImmobilieneigentümerInnen gehören ganz klar dazu. Für Personen mit geschlossenen bzw. stark eingeschränkten Geschäftsfeldern braucht es zudem einen Einkommensersatz – ein Arbeitslosengeld für EPUs während dieser Zeit.

Schon vorgestern hätte die Regierung zudem die wirtschaftliche Zuversicht stärken müssen. Deutschland hat es vorgemacht: In großkoalitionärer Eintracht verkündeten Wirtschafts- und Finanzminister eine „Kredit-Bazooka“ und das Ende der jahrelangen Finanzpolitik des Nulldefizits. „Whatever it takes“ – ein Motto, dem sich Österreich anschließen sollte:

Stufe 2 der Krisenantwort besteht daher aus der Bekanntgabe eines staatlichen Konjunkturprogramms, das mit dem Ende der Epidemie beginnt. Das beinhaltet das Vorziehen der Steuerreform auf Anfang 2021, eine Investitionsoffensive für Pflege, Klimaschutz und öffentliche Verwaltung wie Justiz. Eine sicher steigende Langzeitarbeitslosigkeit benötigt endlich wieder ein öffentliches Beschäftigungsprogramm. Befristete Konsumgutscheine oder branchenspezifische Mehrwertsteuersenkungen können ebenso helfen. Klotzen, nicht kleckern, ist die Devise.

Nicht nur die Banken retten

Die Aussetzung der EU-Fiskalregeln und Negativzinsen spricht für eine problemlose Finanzierung dieser Maßnahmen. Stufe 3 ist dennoch eine faire Verteilung der Krisenkosten in der Zukunft. Auf Dauer nützt die Rettung der Weltwirtschaft vor allem großen Konzernen und Banken, die ohne Hilfe des Staates mit einer Unzahl an notleidenden Krediten krachen gegangen wären. Auf eine Körperschaftsteuersenkung kann daher verzichtet werden. Den gleichen Fehler wie bei der Bankenkrise sollte man nicht machen. Falls Banken und große Konzerne Hilfe brauchen, sollte das Finanzministerium auch an Beteiligungen mit Gewinnpotenzial denken, anstatt nur die Ausfallskosten zu tragen. Damit in dieser Krise nicht schon wieder die Gewinne privatisiert, aber die Verluste sozialisiert werden.

Der Autor

Oliver Picek ist Chefökonom des Wiener Momentum-Instituts, des 2019 gegründeten linken „Thinktanks der Vielen“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.03.2020)

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