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„Kriegspräsident“ Trump in Panik

U.S. President Trump speaks about coronavirus response during task force daily briefing at the White House in Washington
U.S. President Trump speaks about coronavirus response during task force daily briefing at the White House in WashingtonREUTERS
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Die USA schließen die Grenze zu Kanada und beschließen ein Soforthilfepaket von 100 Milliarden Dollar. Trump will eine Billion Dollar in die Wirtschaft pumpen.

Wien/Washington. Das Horrorszenario, das der schottische Historiker Niall Ferguson und sein Team vom Londoner Imperial College als Corona-Krisenberater in der Downing Street entwickelt hatten, war so alarmierend, dass es Boris Johnson wie Donald Trump auf den Plan rief. Ferguson, der womöglich selbst infiziert ist und über Symptome klagt, entwarf ein Worst-Case-Scenario: mehr als 50.000 Tote in Großbritannien, mehr als zwei Millionen in den USA, sollten die beiden Länder nicht umgehend drastische Maßnahmen ergreifen.

Der US-Präsident nahm sich die Botschaft des Ex-Harvard-Professors zu Herzen und kündigte in einer Pressekonferenz im Weißen Haus die Schließung der Grenze zu Kanada an. Premier Justin Trudeau hatte sie kürzlich abgeriegelt, US-Amerikaner aber ausgenommen. Der Warenverkehr bleibt von der Grenzsperre unberührt. Bei der Ankündigung von „wichtigen Neuigkeiten“ via Twitter sprach Trump vom „chinesischen Virus“, wie um die Verantwortung wegzuschieben. Außenminister Mike Pompeo prägte den Terminus „Wuhan-Virus“.

„Das Schlimmste steht bevor“

Trump hat den Ernst der Lage erkannt und den nationalen Notstand erklärt – nicht zuletzt deshalb, da er seine Wiederwahl gefährdet sieht. Er wechselt zunehmend in Panikmodus. Anthony Fauci, der Seuchenexperte in Trumps Krisenteam, warnte: „Das Schlimmste steht uns noch bevor.“ Bisher beklagen die USA mehr als 100 Tote, mehr als 7000 Fälle sind registriert – und das bei einem sehr langsamen und mangelhaften Testprozess. Fälle sind in allen 50 US-Bundesstaaten aufgetreten.

Angetrieben von New Yorker Politikern, von Gouverneur Andrew Cuomo und Bürgermeister Bill De Blasio, die eine massive Krise befürchten, folgen immer mehr Städte und Bundesstaaten der Schließung von Schulen, Restaurants, Kinos und Theatern. In der Metropole sind rund 1000 Menschen angesteckt, es steht eine Ausgangssperre zur Debatte. De Blasio forderte das Militär an, und die Marine schickt ein Spitalschiff.

In Washington wollte der Senat einem Soforthilfepaket von 100 Milliarden Dollar zustimmen, das der Präsident prompt aufstocken möchte. Um die Konjunktur anzukurbeln und die Wirtschaft aus der befürchteten Rezession zu führen, kündigte er an, eine Billion Dollar bereitzustellen – eine höhere Summe als während der Finanzkrise. 2008/2009. Finanzminister Steven Mnuchin hatte seinen Chef aufgeschreckt, als er im Fall des Scheiterns des Stimulusprogramms eine Arbeitslosenrate von 20 Prozent an die Wand malte, Sie liegt derzeit unter vier Prozent.

Die Regierung, erwägt, zwei Tranchen von insgesamt 500 Milliarden Doller und sozial gestaffelt per Scheck an die Bürger auszuschütten. Trump versprach einen „totalen Sieg“ gegen den „unsichtbaren Feind“. Er aktivierte ein Kriegsgesetz, weshalb er sich jetzt als „Kriegspräsident“ betrachtet.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.03.2020)

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