Corona-Notstand

Harte Bewährungsprobe für Unternehmen

BDO-Steuerexperte Berndt Zinnöcker: „Dauert die Krise massiv länger als bis nach Ostern, wird das kritisch für die Wirtschaft.“
BDO-Steuerexperte Berndt Zinnöcker: „Dauert die Krise massiv länger als bis nach Ostern, wird das kritisch für die Wirtschaft.“Günther Peroutka
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Die Wirtschaft läuft in vielen Bereichen auf Minimalbetrieb. Familienbetriebe haben sich in der Krise immer bewährt, betont BDO-Partner Berndt Zinnöcker.

Bei der Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft BDO steht die eingerichtete Corona-Hotline nicht mehr still: Die Unternehmen wollen Informationen zu der von der Bundesregierung beschlossenen Stundung von Steuer- und Sozialversicherungsabgaben für bis zu drei Monate. Es geht um professionelles Krisenmanagement hinsichtlich Finanzierung und um Fragen „zu allem, was im Zusammenhang mit Personal- und Arbeitszeit-Themen steht“, erzählt BDO-Partner Berndt Zinnöcker. „Die gewährten Stundungen sind für die kurzfristige Liquiditätssicherung der Unternehmen enorm wichtig.“

Das Coronavirus und die dadurch ausgelöste Wirtschaftskrise machen um kein Unternehmen einen Bogen. Die nächsten Wochen sind für Zinnöcker entscheidend: „Die Maßnahmen der Regierung sind drakonisch, aber gesundheitspolitisch wichtig.“ Es gelte jetzt zu hoffen, dass die Beschränkungen und Verbote greifen und die Infektionszahlen zurückgehen: „Bis Ostern ist es durchzuhalten. Dauert die Krise massiv länger, wird das kritisch für die Wirtschaft“, meint der BDO-Experte. Dann werde es nicht nur für viele Unternehmen eng, sondern dann müsse die Regierung noch viel mehr Geld in die Hand nehmen als die angekündigte Vier-Milliarden-Euro-Hilfe.

Dass in dieser Ausnahmesituation den heimischen Familienbetrieben wieder eine wichtige Rolle zukommt, liegt auf der Hand: Denn zählt man die EPU dazu, machen Familienbetriebe mit mehr als 80 Prozent das Gros der heimischen Unternehmen aus. Und: „Familienbetriebe haben sich schon immer in der Krise bewährt. Das war im Jahr 2008 so und wird auch jetzt so sein“, betont Zinnöcker. „Denn Familienbetriebe sind wenig fremdfinanziert, haben eine starke regionale Verankerung und es gibt ein hohes Commitment gegenüber dem Unternehmen.“

Große industrielle Familienunternehmen hätten zudem oft eine „vorausschauende umsichtige Finanzplanung – auch unter Nutzung gewisser Instrumente der Regierung zur Unterstützung der Liquidität“, erklärt der Steuerexperte. Aber es gibt leider auch die andere Seite – jene oftmals kleinen Familienbetriebe, die keinen langen Finanzatem besitzen. Hier sind Branchen durch die Coronakrise ganz stark betroffen, z. B. Gastronomie und Hotellerie sowie Betriebe im Veranstaltungswesen, die teilweise schon „am Rand der Existenz stehen“, sagt Zinnöcker. Diese Branchen seien jetzt komplett abhängig von Maßnahmen der Regierung.

Mit dem Corona-Notstand ist man in einer seit 1945 ungekannten Situation. Man könne das aber nicht mit der damaligen Kriegszeit vergleichen. „Unsere Wirtschaft ist heute eine andere, viel dienstleistungsgeprägter“, sagt der Experte.

Die Coronakrise hat auch Auswirkungen auf viele Arbeitsprozesse: Überall werden die Mitarbeiter ins Home-Office geschickt, „das eine Bewährungsprobe erlebt“, meint Zinnöcker. „Das ist auch ungewollt ein Belastungstest für die IT und zwingt uns schneller in die Digitalisierung.“ (hp)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.03.2020)

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