Coronavirus

Alle Tiroler Gemeinden seit Mitternacht unter Quarantäne

Tirols Landeshauptmann Günther Platter greift zu drastischen Maßnahmen.
Tirols Landeshauptmann Günther Platter greift zu drastischen Maßnahmen.imago images/dmuk-media
  • Drucken

Alle 297 Gemeinden sind von der Maßnahme betroffen. Die Heimatgemeinde darf nur dann verlassen werden, wenn es um die Deckung der Grundversorgung oder um die Daseinsvorsorge geht oder, um zur Arbeit zu kommen.

Tirol greift aufgrund der stetig steigenden Anzahl an Corona-Infizierten zu noch drastischeren Maßnahmen und isoliert sich selbst. Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) stellte Mittwochabend in einer Erklärung alle 279 Gemeinden unter Quarantäne. Fahrten sind damit höchstens noch in die nächste Ortschaft erlaubt, ausgenommen bleibt die Fahrt in die Arbeit. Die Maßnahme gilt bis zum 5. April.

Kontrolliert werden soll das Ganze stichprobenartig von der Polizei. Die eigene Gemeinde darf laut der neuen Verordnung nur mehr dann verlassen werden, wenn es um die Deckung der Grundversorgung geht, um die Daseinsvorsorge oder um zur Arbeit zu kommen. Sofern es einen Arzt, eine Apotheke, einen Lebensmittelhandel und eine Bank im Ort gibt, darf die Gemeinde für diese Zwecke nicht mehr verlassen werden. Damit wird das Einkaufen von Lebensmitteln in einem anderen Ort verboten, wenn es im eigenen Dorf einen Lebensmittelhändler gibt. Für Arbeitszwecke darf jedoch auch über mehrere Gemeindegrenzen hinweg gependelt werden.

Tirol grenzt sich aber nicht nur innerhalb des Landes ab, sondern auch nach außen. Das heißt, dass nur noch jene nach Tirol einreisen können, die dort zu Hause sind oder in der kritischen Infrastruktur oder Versorgung arbeiten. Der Warenverkehr bleibt laut der Erklärung "unter bestimmten Voraussetzungen gestattet" - praktisch ändert sich für den Warenverkehr jedoch nichts, wie der APA auf Nachfrage mitgeteilt wurde.

Öffentlicher Verkehr bleibt bestehen

Der öffentliche Verkehr soll trotzdem weiterhin bestehen bleiben. In den öffentlichen Verkehrsmitteln müssen die Fahrgäste jedoch einen Mindestabstand von einem Meter einhalten. Sollte dies nicht mehr möglich sein, dürfe nicht mehr zugestiegen werden. Das Spazierengehen bleibt auch weiterhin erlaubt, jedoch nicht mehr über die eigene Gemeindegrenze hinaus.

Tirol war in den vergangen Tagen durch teils heftige Kritik aus dem In- und Ausland stark unter Druck geraten. Mehrere hundert Personen in Skandinavien sollen sich bei Apres-Ski-Partys in Tirol, vor allem in Ischgl und St. Anton, infiziert haben. Die Sperre der Skigebiete sei auf wirtschaftlichen Druck hin viel zu spät erfolgt, wurde dem Land vorgeworfen. Die Vorgangsweise war bis zuletzt verteidigt worden, bis Platter am Dienstag schließlich meinte, dass die Abläufe nach der Krise "auf den Prüfstand" gestellt werden müssten.

Auch in der nunmehrigen Erklärung an die Bevölkerung nahm der Landeshauptmann erneut Stellung dazu: "Wenn nun Kritik aufkommt, kann ich Ihnen versichern, dass wir in der jeweiligen Situation das Menschenmögliche getan haben, um die Gesundheit der Tirolerinnen und Tiroler und auch unserer Gäste zu schützen. Das Buch jetzt von hinten zu lesen, ist leicht. Mit dem Virus haben wir es mit einem Phänomen zu tun, das weltweit einzigartig ist. Es ist auch keine Schande zu sagen, dass man mit den Erkenntnissen von heute durchaus noch früher Entscheidungen getroffen hätte".

(APA)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Die Seilbahnen in Tirol durften noch bis Sonntag weitermachen – eine Fehlentscheidung, wie man heute weiß.
Ausbreitung des Coronavirus

Wie Tirol sich für Ischgl rechtfertigt

Landespolitik und Krisenstäbe stehen unter Kritik: Die Skigebiete haben wesentlich zur Ausbreitung des Virus beigetragen, die Reaktion folgte erst spät. Landeshauptmann Platter wehrt sich: Das Menschenmöglichste sei getan worden.
PK: LAND TIROL: CORONAVIRUS
Coronavirus

Platter: Virus "ja nicht in Ischgl entstanden"

Der Landeshauptmann von Tirol beteuert, die Behörden hätten das „Menschenmöglichste“ getan, um die Krise zu bewältigen.
Versäumnisse

Zu spät reagiert: Tirol nimmt zu den Vorwürfen Stellung

Kritik an zu späten Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus weist das Land Tirol nach wie vor von sich. Die Stellungnahme im Wortlaut.
AUT 2015 03 03 POLITIK PORTRAIT exklusiv INTERVIEW DR BERNHARD TILG �VP LANDESRAT FUER GESUND
Coronavirus

Forderungen nach politischen Konsequenzen wegen Ischgl-"Skandals"

FPÖ-Chef Hofer mutmaßt, dass Landesrat Tilg nun als „Bauernopfer“ präsentiert werden soll. Die Neos orten „Messen mit zweierlei Maß“ in Hinblick auf den ersten Tiroler Fall - in einem Innsbrucker Hotel - und dem Vorgehen in der Skiregion.
„Das war für die Betroffenen eine absolut überzogene Maßnahme“, sagt Landeshauptmann Platter über das frühere Ende der Tiroler Skisaison.
Interview

Günther Platter: „Für mich hat das Geld keine Rolle gespielt“

Das Ende der Wintersaison habe für „riesigen Streit“ mit den Betroffenen gesorgt, sagt Tirols Landeschef Platter.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.