Fahrbericht

Ford Focus ST: Sportlichkeit in Zeiten des SUV

Zur Abwechslung einmal kein SUV in der Flut neuer Autos: Erfrischend der Focus ST in unplumper Anmutung und erst recht auf dem Fahrersitz.
Zur Abwechslung einmal kein SUV in der Flut neuer Autos: Erfrischend der Focus ST in unplumper Anmutung und erst recht auf dem Fahrersitz.(c) Clemens Fabry/Die Presse (Clemens Fabry)
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Man soll nicht Auto fahren – wie man überhaupt zu Hause bleiben soll. Aber man kann über Autos schreiben. Der Ford Focus ST hat ein paar anerkennende Zeilen verdient.

Eine Ausstattung mit mehr Motorleistung als unbedingt notwendig galt schon bislang als Guilty Pleasure, wobei es wohl unterschiedlichen Einschätzungen von notwendig gibt. Nachdem aber das muntere Hochschießen von Karosserien und Kampfgewichte von zwei bis zweieinhalb Tonnen via SUV-Hype in den Mainstream gerückt sind, halten wir das sportliche Format des Hot Hatch für ein relativ unschuldiges Vergnügen. Der Ford Focus ST ist ein klassischer Vertreter jener „heißen Heckklappen“ – es lässt sich eben nicht alles sinnvoll übersetzen –, und sehr wahrscheinlich einer der besten. Fords in Köln beheimatete ST-Abteilung (für Sports Technologies) beweist jedenfalls seit vielen Modellgenerationen ihr kundiges Händchen.

(c) Clemens Fabry/Die Presse (Clemens Fabry)

Der Focus an sich hat den gemessenen Platzverbrauch eines typischen Kompakten, innerhalb seiner Abmessungen freilich mit dem ansehnlichen Radstand von 2,7 Metern, und er hält klar unter den 1,5-Tonnen. Als Benziner ist die 2018 komplett erneuerte Focus-Baureihe nur mit Dreizylindern zu haben. Die schlagen sich wacker, aber eben im Bereich des Notwendigen. Für Gelüste darüber hinaus positioniert sich der Focus ST mit einem 2,3-Liter-Vierzylinder, wie er ebenso dem Ford Mustang (als V8-Alternative) und dem laufenden Focus RS (dort mit 350 PS) Beine macht. Wie man bei Ford richtig erkannt hat, geht es in dem Fach weniger um dass Absingen von Drehzahlhymnen als um spontan verfügbare Power mittels bulligen Drehmoments. Der diesbezügliche „Sweet Spot“ des ST liegt mit 420 Newtonmetern zwischen 3000 und 4000 Touren; massiver Schub also, der auf Wunsch das Abmelken der Höchstleistung von 280 PS bei 5500/min vorbereitet. Da bleibt das Haupthaar tief in die Kopfstützen der exzellenten Recaros gedrückt, nur kurz unterbrochen von quicken Schaltmanövern in bewährter Handarbeit über kurze Wege (Automatik verfügbar, ging uns nicht ab).

Der Sportmodus aktiviert nicht nur andere Kennfelder, sondern auch eine automatische Drehzahlangleichung beim Runterschalten. Begleitet wird das Schauspiel von einem appetitlichen Motorsound, der gemäß aktuellen Lärmvorschriften außen nicht zu laut sein darf, dem innen daher etwas nachgeholfen wird – man hat den Klanggenerator dezent genug abgestimmt, sodass es sich nicht affig anhört, man mischte sogar vom alten Fünfzylinder-Gurgeln zu. Das stimmt rundum vergnüglich, und damit pflegt der ST eine Tugend, die vielen GTI-Formaten abhandengekommen ist – das schnelle Ansprechen, das sportliche Thrills auch ohne Tempobolzen vermittelt. Es braucht dazu aber eine Vorderachse, die mit dem Zorn aus dem Motorraum zurande kommt. Genau das ist traditionell die Stärke der ST-Fahrwerkstechniker. Mit Allrad hätte man wieder mehr Gewicht und Komplexität, es ist also sinnvoll, bei einer Achse zu bleiben – und ebenso, sie konstruktiv bestmöglich, sprich auch mit E-LSD (wir übersetzen das lieber: elektronisch geregeltes Sperrdifferenzial) in Serie auszurüsten. Das Fahrwerk steht dem Motor um nichts nach, und hochwertig ist der Eindruck vom ganzen Rest des Autos.

Ford Focus ST 2.3 Ecob

Maße. L/B/H: 4376/1825/1469 mm. Radstand: 2700 mm. Leergewicht: ca. 1390 kg. Kofferraum: min. 375 Liter.

Motor. R4-Zylinder-Otto-Turbo, 2261 cm3. Leistung max.: 206 kW (280 PS) bei 5500/min. Max. 420 Nm bei 3000–4000/min.

0–100 km/h in 5,7 sec. Vmax: 250 km/h. Testverbrauch: 8,8 l/100 km.

179 g CO2/km lt. Norm/NoVA: 17 %.

Vorderradantrieb, Getr.: 6-Gg. manuell.

Preis 41.000 Euro.

Compliance-Hinweis: Die Reisen zu Produktpräsentationen wurden von den Herstellern unterstützt. Testfahrzeuge wurden kostenfrei zur Verfügung gestellt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.03.2020)

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