Es ist nicht lustig, zu Hause zu sitzen. Dabei schwärmen uns religiöse und profane Fastenprediger ständig vor, wie befreiend es sei, auf vieles zu verzichten. Auf der Suche nach einem Glück, das auch die Entbehrung übersteht.
Nun sitzen wir also zu Hause. Keine leibhaftige Kultur, kein Fußball, kein Shopping, keine Esslokale, kein Tanzen. In der Schweiz wollen sie den Kasernierten auch noch Netflix wegnehmen. Ein Leben auf Sparflamme. Wie jeder Verzicht dient auch dieser erzwungene einem Ziel: Wir lassen von einer verfügbaren Sache ab, um eine höhere zu erlangen. Hier ist es eine kollektive, der Appell moralischer Art: Sichert Gesundheit und Leben der Gefährdeten. Aber können wir dabei auch für uns selbst eine „höhere Sache“ erhoffen?
Jetzt müsste sich bewähren, was uns die Apologeten des Verzichts verheißen: dass wir durch ihn wieder „zu uns selbst“ finden, uns befreien von den Fesseln der Konsumgesellschaft. Aber dazu genötigt, ergeht es uns wie dem heiligen Antonius auf den Bildern alter Meister: Der Asket flieht vor den Verlockungen in die Einöde, aber seine Fantasie rückt ihm in der reizarmen Umgebung die Objekte seiner Begierde näher denn je. Wir fühlen uns eingesperrt, nicht befreit.