Nora Schnitzler: Reisen mit dem Chef

Nora Schnitzler Reisen Chef
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Und wohin fährst du heuer, Schatz?

Es gibt Dinge, die sind kompliziert. Zu diesen Dingen gehört es, mit dem eigenen Chef zusammen zu sein, zusammenzuleben – und das nicht erst seit gestern –, ohne dass es in der Firma jemand weiß. Nun ja, die eine oder andere Vermutung könnte es eventuell geben. Aber es läuft schon lang, es läuft gut, Privates wird von Beruflichem klar und diszipliniert getrennt.

Trotzdem ist es kompliziert. Im Job, wenn man täglich so tut, als wäre der Chef nur der Vorgesetzte und der Freund ganz ein anderer. In der Freizeit, wenn man hofft, dass einen niemand gemeinsam sieht. Und im Urlaub, wenn man an zwei verschiedene Ziele fährt.

Offiziell ist das nämlich notwendig. Weil wissen kann man das nie. Und, zugegeben: Gleicher Urlaubszeitraum, gleiches Ziel, da müssen die Kollegen keine Wittgenstein-Preisträger sein, um Schlüsse zu ziehen. Wo sie das ohnehin schon so gern tun, Waschweiber und -männer sind sie im Kern nämlich alle, oder zumindest mit welchen verwandt. Also muss das Unternehmen Urlaub strategisch gut geplant sein. Ein halbes Jahr vorher wird der Antrag eingereicht. Dann wird überlegt, wohin die eine fährt und wohin der andere offiziell, während er in Wahrheit natürlich auch dorthin fährt, wohin die eine fährt.

Wenn wir dann dort sind, wohin der eine fährt, ist es gut. Tratschfreie Zone sozusagen, und dass es schön ist, die Kollegen mal nicht zu sehen, bekommt eine ganz neue Bedeutung. Abschalten, inkognito ein fremdes Land und fremde Leute kennenlernen, dabei Freiheit und Zweisamkeit genießen, wer könnte das besser als wir? Ist vielleicht gleich ein guter Urlaubstipp: Vorher was mit dem Chef anfangen, und das Wort Urlaub erhält ungeahnte Qualität. Wobei, unter Umständen könnte das kompliziert werden, aber das hatten wir schon.

Was bleibt, ist natürlich das Risiko. Wer hat nicht schon mal Bekannte mitten in Irgendwo getroffen, da kann man gar nicht weit genug wegfahren. Da muss man cool bleiben. Situation abprallen lassen, wir arbeiten schließlich hart, jeder in seinem Bereich, und unser Privatleben geht nur uns was an. Was wir tun, wenn wir tatsächlich Kollegen treffen sollten? Schwer zu sagen. Es ist nämlich alles ein bisschen kompliziert.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.07.2010)

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