Die Bilder stammen vom Vorfeld der Rétromobile in Paris Anfang Februar. Die fand noch statt.
Automessen

Leere Hallen: Blech ohne Bewunderer

Die Autowelt setzt für ungewisse Dauer das Schaulaufen aus.

Genf war knapp. Der Salon, traditioneller Frühjahrsauftakt der Branche, hätte am Montag eröffnen sollen. Die Absage kam Freitagmittag.

Da hatten die Aussteller ihre Messestände längst fertig. Nach monatelangen Vorbereitungen für die Logistik, nach wochenlangen Transport- und Aufbauarbeiten. Doch nun: „Force majeure“ deklarierten die Veranstalter – „höhere Gewalt“. Der Bundesrat hatte Versammlungen mit über 1000  Teilnehmern untersagt.

Wie üblich im Umfeld des Salons waren die Hotelzimmer in der Stadt gut gebucht, zu den gewohnten, arg überzogenen Tarifen. Sie sollten leer bleiben.

Wie auch die Messehallen, in denen herausgeputzte Fahrzeuge vergeblich auf Bewunderer warteten. Es ist 2020 aber nicht der erste Jahrgang, der in der langen Geschichte des Genfer Autosalons ausfällt.

Was 1905, damals noch mitten in der Stadt, erstmals seine Pforten öffnete, teilte sich die Ausstellungsfläche mit Fahrrädern. Die waren für die meisten Besucher naheliegender, relevanter als die seltsamen, nicht so einfach zu handhabenden, gewiss aber sündteuren Kutschen ohne Pferde.

»„Force majeure“: Es gibt jetzt Wichtigeres als Automessen.
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So wurde der Salon schon im zweiten Jahr, 1907, aus der Stadt gewiesen, weil in ihr eine „automobilfeindliche“ Stimmung herrschte. Man sorgte sich um die vielen Radfahrer in Gassen und auf Boulevards, und tatsächlich waren in jenen Jahren die Straßenverhältnisse keineswegs geklärt. Die Ausstellung übersiedelte nach Zürich, und dann folgte eine lange Pause des Schaulaufens. Es sollte 16  Jahre dauern, bis es wieder ein automobiles Schaulaufen in der Schweiz gab.

Auch in den Kriegsjahren, von 1940 bis 1946, herrschte kein Bedarf an dieser Art von Veranstaltung. Es hätte ohnehin nichts Neues zu sehen gegeben, in Europa übernahm die Rüstung alle maschinellen Kapazitäten.

Gut verpackt wartet ein Citroën SM auf die Gratulanten – er erschien vor genau 50 Jahren.
Gut verpackt wartet ein Citroën SM auf die Gratulanten – er erschien vor genau 50 Jahren.(c) Juergen Skarwan

Die Pariser Rétromobile war vermutlich der letzte Autosalon für eine längere, jedenfalls nicht absehbare Zeit. Die hochkarätige Ausstellung von klassischen Fahrzeugen stieg Anfang Februar, noch unbekümmert vom nachfolgenden, sich erst in Ansätzen abzeichnenden Ungemach. Nach Genf folgte in New York die nächste Absage, nun wird gar nichts mehr angesagt. Die Aufmerksamkeit wird woanders gebraucht.

("Die Presse - Fahrstil", Print-Ausgabe, 21.03.2020)

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