Brexit geht in die Verlängerung

Längere Übergangsfrist bis 2021/2022 zeichnet sich ab.

London/Brüssel. Die Verhandlungen über das künftige Verhältnis zwischen Großbritannien und der EU stehen momentan unter keinem guten Stern – und das hängt nicht ausschließlich mit der Tatsache zusammen, dass EU-Chefverhandler Michel Barnier am Donnerstag mit dem Coronavirus diagnostiziert und umgehend in die häusliche Quarantäne geschickt wurde. Die Herausforderungen, die Europäer und Briten im Zusammenhang mit der Pandemie bewältigen müssen, sind massiv – und schränken die inhaltliche Bandbreite der Institutionen in Brüssel und London ein.

Am Freitag bot Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen Großbritannien eine Verlängerung der Brexit-Übergangsfrist an. Diese Frist läuft am 31. Dezember ab – bis dahin werden die Briten wie Mitglieder des Binnenmarkts behandelt, an den Grenzen zwischen Großbritannien und der EU finden keine Zollkontrollen statt. London könne jederzeit um Verlängerung ansuchen, „das muss die Regierung von Boris Johnson selber entscheiden“, sagte von der Leyen.

Wahl der Qual

Der Brexit-Vertrag sieht die Möglichkeit einer einmaligen Verlängerung der Frist um ein bzw. zwei Jahre vor, das Ansuchen um Verlängerung muss aber vor dem 1. Juli in Brüssel eintrudeln. Johnson selbst hat eine Verlängerung bis dato ausgeschlossen – doch dem Vernehmen nach geht man auch in London mittlerweile fix von einer Nachspielzeit aus. Der Grund: Britische Firmen können Brexit und Corona nicht gleichzeitig stemmen. „Die Regierung muss sich entscheiden: Sollen wir jetzt Beatmungsgeräte produzieren oder uns stattdessen um die neuen Exportbestimmungen kümmern?“, sagte ein anonymer Firmenchef zum „Daily Telegraph“. (ag./la)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.03.2020)

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