Irgendjemand hat in Berlin die Musik leiser gedreht. Die Stadt „entschleunigt“. Doch einiges ist wie immer. Auch Buchhandlungen und Friseure haben geöffnet. Und in den Straßen begegnet man einem gefährlichen Leichtsinn.
Berlin. „Das Verschwinden des Josef Mengele.“ Die Wahlberlinerin wendet das Buch hin und her, als könnte sie aus der Bewegung Rückschlüsse ziehen, ob es als Lektüre taugt. Es ist Freitag, kurz vor Mittag. Draußen in der Kastanienallee schiebt sich die Straßenbahn vorbei. Sie führt augenscheinlich weniger Fahrgäste als sonst. Ein bisschen fühlt es sich in diesen Tagen an, als wäre Berlin, diese Metropole mit ihren 3,8 Millionen Einwohnern, ein Lautsprecher, an dem jemand die Musik leiser gedreht hat. Aber Berlin ist noch immer lauter als andere Städte. Ganz sicher lauter als Wien. Das könnte bei knapp 600 Infizierten bis Freitagnachmittag noch zum Problem werden.
Und zu den Berliner Eigenheiten zählt, dass in der Hauptstadt Buchhandlungen weiter geöffnet haben. Literatur als geistiges Grundnahrungsmittel. Vielen Bildungsbürgern mag darob das Herz aufgehen. Andere halten es in Zeiten von Corona und Onlinehandel für eine schöngeistige Verirrung.