Meine Eltern, 93 und fast 94 Jahre alt, sind gefasst angesichts der Bedrohung durch das Coronavirus. Ich bin es nicht. Meine Familie lebt in Südtirol, ich lebe in Wien. Und wo ist eigentlich mein Daheim? Vom Leben zwischen den Welten in Zeiten der Krise.
Meine Schwägerin knallt den Teig hart auf die carta da forno. Durch das Telefon klingt das Geräusch wie eine Explosion. Meine Schwägerin lebt, so wie mein älterer Bruder und meine 18-jährige Nichte, in Meran, Südtirol. Und meine Eltern, die 93 und knapp 94 Jahre alt sind. Sie beide erweisen sich in den vergangenen Wochen als beeindruckend gefasst. Vielleicht weil sie in ihrem langen Leben schon viel erfahren haben und auch, dass alles irgendwann vorüberging. Das ist eine natürliche Art von Resilienz.
Ich bin derzeit nicht gefasst. Meine Familie lebt in Italien, ich lebe in Wien. So auch mein zweiter Bruder, der vor Kurzem zu unserer Erleichterung aus dem Ausland sicher hierher zurückgekommen ist. Seit der Verschärfung der Maßnahmen in Italien telefoniere ich laufend mit meiner Familie und mit dort lebenden Freunden. Aus diesem Grund überraschten mich die Maßnahmen in Österreich nicht, ich war darauf vorbereitet. Neulich träumte ich nachts von Menschen in Schutzanzügen, und als ich morgens erwachte, fiel mir The Cassandra Crossing ein, ein Katastrophenfilm mit Sophia Loren und Burt Lancaster aus den 1970er-Jahren.