Zwei Senioren im Parallelslalom

Für Heinz Fischer und Erwin Pröll gibt es genügend Aufgaben zu lösen.

Die beiden Wettbewerber um das Amt des Bundespräsidenten gehen wieder ins Rennen. Der eine, siegreiche, Heinz Fischer, wird am 8. Juli für seine zweite Amtsperiode angelobt. Der andere, nicht Aufgestellte und daher Ungeschlagene, übernimmt als Landeshauptmann von Niederösterreich den Vorsitz in der Konferenz der Landeshauptleute. Der eine hat weitere sechs Jahre vor sich, der andere hat nur sechs Monate Zeit.

Ein Parallelslalom zweier erfahrener Spitzenpolitiker. Beide leistungsfähige und leistungsbereite Senioren, produktiv, mobil und initiativ ... Beide haben „Österreich“ am selben Tag ganzseitige Interviews gegeben. Beide haben ihre Vorhaben angedeutet. Der eine wie gewohnt leise, vorsichtig, Harmonie suchend, in Pastell. Der andere gewohnt vollmundig und laut, mit Drohungen und Paukenwirbel, in kräftigem Öl.

Der Bundespräsident hat vorgeschlagen, die Amtsdauer für den nächsten Amtsinhaber auf acht Jahre zu verlängern und die Wiederwahl abzuschaffen. Einmal acht Jahre wären genug. Ist aber doch eine lange Zeit! Besser wäre es also, auf einmal sechs Jahre zu gehen! Wird da eine österreichische Lösung herauskommen: 8 + 6 = 14 : 2 = 7?

Auch das Erzhaus Habsburg soll Kandidaten zum Amte stellen dürfen. Beides einfache Fragen. Schwerer schon die Ortstafeln; die Zeit wäre lange reif, die Akteure sind neu und unverbraucht. Und: Dauert den Oberbefehlshaber nicht sein Bundesheer? Machtmittel hat der Bundespräsident nicht zur Verfügung, allerdings ist er in den beiden letzten Fragen von der Sache her zuständig. Diskrete Diskussionsrunden hinter den roten Tapetentüren der Hofburg könnten da einiges in Bewegung setzen und Lösungen bringen. Nichts davon kostet Geld. Mal sehen.

Wesentlich schwerer die Herausforderungen für Pröll. Er kündigt drei Vorhaben an: Verwaltungsreform, Steuerpolitik, Bildung. In der Verwaltungsreform, so Erwin Pröll, wird er „die Erfahrung aus 18 Jahren als Landeshauptmann und die Reformdynamik der Bundesländer einbringen“ und „Schluss mit den Spompanadln!“ Wir sind alle gespannt. Mal sehen. Nähere Hinweise zur Verwaltungsreform und zu den Steuern fehlen. Nur bei der Bildung sieht der Vorsitzende keine großen Differenzen: Grundsätze sollte der Bund beschließen, die ganze Verwaltung sollten die Länder besorgen. Das wäre sinnvoll, ist es machbar? Diese selbst gestellten Aufgaben sind schwerer als jene des Bundespräsidenten: Es geht um Macht, Kompetenzen, Geld! Mal sehen.

Wenn es dann an die Zeugnisverteilung geht, erhoffe ich für beide eine bessere Note als jene, die Erwin Pröll in seinem Zeitungsinterview dem Kanzler und dem Vizekanzler gibt: „Befriedigend“! Es muss ja nicht gleich ein römischer Einser sein!

Univ.-Prof. Andreas Khol war Nationalratspräsident.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.07.2010)

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