ORF-"Pressestunde"

Schönborn: Werden die Globalisierung nach Corona-Krise korrigieren müssen

Schönborn bei der ersten "Streaming-Messe" vergangene Woche
Schönborn bei der ersten "Streaming-Messe" vergangene WocheAPA/BARBARA GINDL
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Kardinal Christoph Schönborn hofft als Konsequenz aus der Corona-Krise auf eine Umdenken in der Gesellschaft: „Wir werden die Globalisierung korrigieren müssen", sagte er  in der ORF-"Pressestunde".“ Der Papst ruft unterdessen zum gemeinsamen „Vater Unser"-Gebet auf.

Kardinal Christoph Schönborn hofft als Konsequenz aus der Corona-Krise auf eine Umdenken in der Gesellschaft: "Wir werden die Globalisierung korrigieren müssen", sagte der Wiener Erzbischof am Sonntag in der ORF-"Pressestunde", die aus dem erzbischöflichen Palais gesendet wurde, weil Schönborn als "Risiko-Kandidat" nur im Home Office arbeitet.

Für Schönborn stellt sich die Frage, ob Konzerne weltweit "Gewinne abgrasen" sollen, ohne Steuern zu bezahlen. Das werde nach der Krise hoffentlich nicht so weitergehen. Der Kardinal hält internationale Solidarität für ein "Gebot der Stunde", allerdings mit einer starken regionale Verwurzelung. Als positives Signal wertet er, dass Österreich nun von China Schutzausrüstung bekomme, nachdem zuvor Österreich China in der Krise geholfen habe.

Zu der mancherorts aufgeworfenen Frage, ob das Virus eine Strafe Gottes sei, plädierte der Kardinal dafür, die Gottesfrage hier herauszulassen. Die Frage sei vielmehr, ob unser Lebensstil angepasst sei. Für ihn stellt sich die Frage: Muss man übers Wochenende zum Shoppen nach London fliegen, muss man Weihnachten auf den Malediven verbringen oder muss man Luxuskreuzfahrten machen. Die Antwort für Schönborn lautet: "Die Krise wird das Angesicht der Erde verändern."

Mehr Wertschätzung für „Helden“ 

Der Wiener Erzbischof hofft auch, dass die Krise den sogenannten "Helden des Alltags" künftig mehr Wertschätzung der Gesellschaft bringt. Er wünscht sich, dass die Krise einen "Zuwachs an Menschlichkeit" bringt und man etwa Straßenbahnfahrern oder Raumpflegerinnen respektvoller begegnet.

Wenn das Coronavirus auch auf die Flüchtlingslager auf den griechischen Inseln übergreifen sollte, wäre das für Schönborn eine Katastrophe. Dringend nötig wäre es seiner Ansicht nach, Flüchtlinge von den Inseln auf das Festland zu bringen, nicht aber unbedingt, Flüchtlinge nach Österreich zu holen.

Der Kardinal bekräftigte, dass die Kirche zur Umsetzung der Vorgaben der Regierung die Menschen bitte, Taufen und Hochzeiten zu verschieben. Begräbnisse könnten nur mit maximal fünf Personen am offenen Grab stattfinden. Gedenkgottesdienste könnten aber später nachgeholt werden.

Mit Maßnahmen zur Vermeidung von Härtefällen etwa bei Mietrückständen will die katholische Kirche auf Vorgaben der Regierung warten. Ob es Stundungen oder Nachlässe beim Kirchenbeitrag gebe, müsse jeweils im persönlichen Gespräch geregelt werden.

Lob hatte der Wiener Erzbischof für das Krisenmanagement der Regierung parat. Diese gehe einen guten und verantwortungsvollen Weg. Auch die Mitarbeit der Opposition und der Sozialpartner gibt nach Ansicht Schönborns "Hoffnung für das Land". Zu dem 38 Milliarden-Hilfspaket äußerte Schönborn die Erwartung, dass die Ärmsten und Schwächsten der Gesellschaft nicht vergessen werden. Klein- und Mittelbetriebe müssten besonders geschützt werden.

Ostern „schmerzlich“ 

Dass Ostern heuer angesichts der Ausgangsbeschränkungen nicht wie gewohnt gefeiert werden kann, ist für Schönborn zwar "schmerzlich, aber es ist trotzdem Ostern." Der Glaube hänge nicht davon ab.

Die Rolle der Frauen in der Kirche bleibt auch nach der Amazonien-Synode für Schönborn eine offene Frage und eine "Wunde". Gleichzeitig verwies der Kardinal aber darauf, dass dieses Thema leider in allen Weltreligionen auf dem Tisch sei. Beim Thema Missbrauch in der katholischen Kirche gibt es nach Ansicht Schönborns "noch viel aufzuarbeiten". Das habe viel mit Machtfragen zu tun, hier müsse es "weitere Verbesserungen" geben.

Nachdem Schönborn wegen der Corona-Krise den Vorsitz in der Bischofskonferenz noch nicht abgeben konnte, geht der Kardinal davon aus, dass bei der nächsten Sitzung im Juni die Bischofskonferenz einen Nachfolger wählen wird. Auch wenn er dann nicht mehr diese Funktion haben und der Papst auch sein Rücktrittsgesuch als Erzbischof annehmen werde, werde er weiterhin als Kardinal tätig sein, kündigte Schönborn an. "Ich möchte nicht einfach die Patschn ausziehen".

Papst ruft zu gemeinsamem "Vater Unser"-Gebet auf

Papst Franziskus hat beim Angelus-Gebet am Sonntag die Menschen aller Konfessionen und alle Christen aufgerufen, am kommenden Mittwoch um 12.00 Uhr gemeinsam das "Vater Unser" zu sprechen. Am kommenden Freitag (27. März) wird der Papst um 18 Uhr auf dem leeren Petersplatz dafür beten, dass die Pandemie zu Ende gehe. Danach werde er einen "Urbi et orbi"-Segen und die Generalabsolution erteilen.

"Auf die Pandemie wollen wir mit der Universalität des Gebets, mit Barmherzigkeit und Zärtlichkeit reagieren", sagte der Papst. Er erklärte seine Nähe zu den Coronavirus-Infizierten sowie den im Kampf gegen die Pandemie engagierten Sanitätern, den Behörden sowie den Sicherheitskräften und Soldaten, die auf die Einhaltung der Maßnahmen achteten.

Der Papst sprach zum dritten Mal seit dem Ausbruch der Coronavirus-Epidemie in Italien nicht wie üblich am Fenster seines Apostolischen Palasts direkt vor den Gläubigen das Angelus-Gebet. Das traditionelle Gebet wurde stattdessen per Video live aus dem Papstpalast übertragen. Der Petersplatz ist seit 10. März geschlossen. Der Heilige Vater sprach stehend in der Bibliothek seines Apostolischen Palasts das Angelus-Gebet.

Der Papst drückte auch dem von einem schweren Erdbeben erschütterten Kroatien seine Nähe aus. "Möge das kroatische Volk die Kraft und die Solidarität finden, um diese Katastrophe zu überwinden", sagte der Pontifex.

Mit dem Verzicht auf das Angelus-Gebet auf dem Petersplatz sollte das Risiko einer Verbreitung des Virus vermieden werden. Damit folgt der Vatikan den Vorgaben der italienischen Regierung, die Versammlungen untersagt hat, bei denen die Teilnehmer nicht den vorgegebenen Mindestabstand von einem Meter einhalten können.

Auch in der nächsten Woche wird die Frühmesse im Gästehaus Santa Marta ohne Teilnahme von Gläubigen gefeiert. Nur in Ausnahmefällen haben Päpste in der Vergangenheit auf das Angelus-Gebet auf dem Petersplatz verzichtet, so nach dem Anschlag auf Johannes Paul II. im Jahr 1981 und während der Krankheit des polnischen Papstes 2005.

Aufgrund der Coronavirus-Pandemie wird der Papst Ostern ohne Gläubige feiern. Dasselbe gilt für die Liturgien von Franziskus für die Karwoche, teilte der Vatikan mit. Unter anderem soll die große Prozession vor dem Kolosseum am Karfreitag ausfallen, an der sich jährlich tausende Gläubige aus der ganzen Welt beteiligen.

(APA)

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