Gedankenlese

20 Jahre Putin und kein Ende: Auf dem Weg zurück zur Monarchie?

Seit zwei Jahrzehnten herrscht der frühere KGB-Offizier über Russland. Und er könnte noch sehr lang weiterregieren.

Am 26. März 2000 haben die Russinnen und Russen den damals 47-jährigen Wladimir Putin mit 53 Prozent zu ihrem Präsidenten gewählt. Seither sind sie den ehemaligen Geheimdienstoffizier aus St. Petersburg nicht mehr losgeworden. Und wie die Dinge neuerdings liegen, werden sie ihn auch nicht so schnell wieder loswerden. Nach den jüngsten Verfassungstricksereien des Kreml, die vom Parlament bereitwillig abgesegnet wurden, könnte Putin bis 2036 im Amt bleiben, er wäre dann 83 Jahre alt. Der ultrakonservative Oligarch Konstantin Malofejew, wichtiger Verbindungsmann derMachtelite in Moskau zu den Rechtspopulisten und -extremisten in ganz Europa, jubelte bereits, Russland habe damit den Status einer Quasimonarchie erreicht.

Und was hat Putin in diesen 20 Herrschaftsjahren aus Russland gemacht? Der renommierte Russland-Kenner Anders Åslund charakterisiert das Land als „autoritäre Kleptokratie“. In einem Aufsatz in der Berliner Fachzeitschrift „Internationale Politik“ (2/2020), die dem „kühlen Krieger“ Putin einen Schwerpunkt widmet, sieht er Russland als „klassischen Fall einer Großmacht im Niedergang“. Die Ursachen sind bekannt: demografische Krise, wirtschaftliche Stagnation, Reformresistenz. „Putin nutzte die guten wirtschaftlichen Jahre, um seine politische Macht zu festigen, anstatt das Land zu modernisieren“, beklagt Åslund. Aber Russland ist doch militärisch eine starke Macht? Doch Åslund prophezeit: „Die beeindruckende Stärke des Militärs wird wegen der stagnierenden Wirtschaft nach und nach abnehmen.“ Die große Gefahr sei, dass sich Putins vielzählige außenpolitische Übergriffe noch häufen könnten, weil er die innenpolitische Stagnation übertünchen müsse.

Für Maxim Trudoljubow dreht sich der jüngste Umbau der Verfassung nicht nur um die Festigung der Macht Putins und seines Gefolges, sondern bezweckt die Absicherung der Vermögenswerte der Elite, wie der Moskauer Journalist in IP schreibt. In Russland mit seinen bis zu 110 Milliardären und 200.000-Dollar-Millionären besitzen die obersten zehn Prozent 83 Prozent des gesamten Privatvermögens; im globalen Ungleichheitsranking belegt Russland damit einen Spitzenplatz. Wenn Putin unentwegt von Aufrechterhaltung der Stabilität spricht und so sein Festhalten an der Macht begründet, dann geht es eben auch darum, das seit 1991 in der Hand einer verbissenen Elite angesammelte Vermögen zu sichern: „Herr Putin und sein Kreis haben sich zu viele Feinde gemacht und zu viel Geld gerafft, um riskieren zu können, die Macht freiwillig abzugeben“, kommentierte der Londoner „Economist“.

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