Biologie

Ratten helfen immer der Nase nach

Diese Ratten haben sich lieb. Aber für ein hilfsbereites Verhalten reicht zur Not auch kluges Kalkül.
Diese Ratten haben sich lieb. Aber für ein hilfsbereites Verhalten reicht zur Not auch kluges Kalkül.(c) Getty Images (Chris Scuffins)
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Ratten erschnuppern, welcher Artgenosse hungrig ist, und füttern ihn dann schneller, als wenn er bettelt. Die Hilfsbereitschaft lässt sich spieltheoretisch erklären.

Auch Tiere können sich als hilfsbereit erweisen – sogar gegenüber Artgenossen, mit denen sie nicht verwandt sind und die sie nicht kennen. Bei 79 Spezies hat man dieses Verhalten beobachtet. Aber woher wissen die Helfer, wer ihre Unterstützung am dringendsten braucht? Das muss ja nicht der sein, der am lautesten schreit und bettelt. Ein „ehrliches“, nicht willkürlich erzeugbares Signal wäre der Geruch. Riechen vielleicht hungrige Ratten anders als satte? Und reagieren ihre Kollegen darauf besonders bereitwillig? So lautete die Arbeitshypothese von Karin Schneeberger, die sie mit ihrem Team von den Unis Bern und Potsdam in einem raffinierten Experiment bestätigt hat (Plos Biology, 24.3.).

Zunächst stellte sie her, was späterer Hilfsbereitschaft förderlich ist: Dankbarkeit. Eine Versuchsratte wurde allein in einen Käfig gesetzt. In eine Box daneben kam eine andere, auf Kooperation dressierte Ratte. Sie zog mit einem Stab ein kleines Tablett von außen heran, an dessen entgegengesetztem Ende, für sie selbst unerreichbar, Futter für die Versuchsratte lag. Die Empfängerin konnte den Spender weder sehen, hören noch riechen. Aber am nächsten Tag konnte sie sich revanchieren: Jetzt hatte sie den Stab im Griff und konnte Essen zur Box nebenan ziehen. Einziger Hinweis, dass dort die hilfsbereite Kollegin von gestern saß, war der Geruch, den man über ein Rohr in den Käfig leitete – von einer satten oder einer hungrigen Ratte. Bingo: Mit dem Odeur fremden Hungers in der Nase zog die Versuchsratte viel schneller am Stab, als wenn sie der Duft eines saturierten Artgenossen umwölkte. Bei weiteren Versuchstieren zeigte sich dieselbe Reaktion. Auch für die Duftstoffe, die das Signal kodieren, wurden Kandidaten gefunden. Lehrreich ist der Vergleich mit einem ähnlichen Experiment, mit Ratten im gemeinsamen Käfig. Hungrige Tiere konnten sich durch Schreien, Klagen und Betteln bemerkbar machen. Hier dauerte es länger, bis Hilfe angeboten wurde, und es wurde weniger klar zwischen Hungrigen und Satten unterschieden – weil die Helfer weniger sicher sein konnten, wo Not am Tier ist.

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