Nachfrage ungebrochen

Ansturm auf Goldbarren führt zu Lieferengpässen

Goldbarren sind stark nachgefragt und daher Mangelware.
Goldbarren sind stark nachgefragt und daher Mangelware.(c) Imago
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Edelmetall ist gefragt als "sicherer Hafen" in Krisenzeiten, die Nachfrage nach Goldbarren zuletzt regelrecht explodiert. Der Preisnähert sich wieder dem Siebenjahreshoch.

Gold ist gefragt als "sicherer Hafen" in turbulenten Zeiten. Doch Kunden, die sich das gelbe Edelmetall wegen der Coronavirus-Pandemie und ihrer globalen Folgen in den Tresor oder unter das Kopfkissen legen möchten, braucht derzeit Glück und Geduld. Denn die Nachfrage nach Goldbarren und Münzen ist in den letzten Tagen und Wochen regelrecht explodiert. Gleichzeitig stockt der Nachschub.

"Bei uns hat sich das Volumen letzte Woche bereits verzehnfacht", sagt etwa Andreas Hablützel, Chef der zur Degussa-Gruppe der Familie von Finck gehörenden Degussa Goldhandel AG in Zürich.

Prägeanstalten von Virus-Pandemie betroffen

Doch wie lange er seine Kunden noch beliefern kann, ist offen. Denn der Nachschub versiegt, weil Prägeanstalten etwa in Südafrika oder Kanada wegen der Virus-Pandemie und der Maßnahmen zu ihrer Eindämmung nicht mehr liefern können. Zudem fallen im Schweizer Kanton Tessin seit Montag drei große Gold-Raffinerien für mindestens eine Wochen aus, nachdem die lokalen Behörden die Schließung nicht lebenswichtiger Industriezweige angeordnet hatten, um die Ausbreitung des Erregers einzudämmen. "Das hat zusätzlich Stress in das gesamte System gebracht", erklärt Hablützel.

Die Schweiz ist eine globale Drehscheibe für die Raffination von Edelmetallen. Die drei Raffinerien im Tessin - Valcambi, Argor-Heraeus und Pamp - verarbeiten jährlich rund 1500 Tonnen Gold, entsprechend einem Drittel des gesamten weltweiten Jahresangebots, sowie andere Edelmetalle wie Silber. Valcambi und Pamp wollen den Betrieb vorerst bis zum 29. März aussetzen, Argor bis zum 5. April.

"Durch die zeitlich begrenzte Schließung mehrerer Goldraffinerien in der Schweiz kommt es zu einem Mangel an physischem Investmentbarren für Privatanleger weltweit", sagt Andre Christl, Chef des deutschen Produzenten Heraeus Precious Metals.

„Physische Nachfrage enorm"

Auch bei der Zürcher Kantonalbank spricht man von einem riesigen Interesse an Edelmetallen. "Die physische Nachfrage nach Gold bei der Zürcher Kantonalbank ist derzeit enorm", sagte eine Sprecherin der Bank. "Es werden sämtliche verfügbaren Produkte wie Barren, Münzen, etc. nachgefragt." Auch Silber, für die anders als für Anlagegold Mehrwertsteuer bezahlt werden muss, würde im großen Stil gekauft. Doch auch die Züricher Staatsbank kämpft mit einem knappen Angebot. "Die Banken zehren von ihren Reserven und können derzeit nicht mit Nachschub rechnen", sagte die Sprecherin.

Degussa Schweiz kann dank großer Lagerbestände vorerst weiterhin liefern, wie Firmenchef Hablützel sagte. "Wir haben ein Lager von mehreren 1.000 Barren." Verkaufsrenner seien der 100-Gramm-Goldbarren und der Gold-Combibarren zu 50 Gramm - ein Barren in Form einer Schokoladetafel. Angeboten wird dieser spezielle Barren, der in Ein-Gramm-Stücke gebrochen werden kann, bei Degussa aktuell für 2927 Franken (2772 Euro).

"In den vergangenen Tagen ist bei privaten Anlegern eine verstärkte Nachfrage nach Gold, von den kleinsten zu den größten Goldbarren und Münzen feststellbar", erklärte Giovanni Staunovo, Rohstoffanalyst bei der UBS. "Dies ist eine Trendumkehr zur Vorwoche, in der Gold noch verkauft wurde, um Liquidität zu schaffen." Die aggressive Lockerung der Geldpolitik der wichtigsten Zentralbanken dürfte die weltweite Nachfrage nach realen Anlagen wie Gold auch in den kommenden Wochen weiter hochtreiben.

Am Weltmarkt wird Gold derzeit zu 1610 Dollar je Feinunze (31,1 Gramm) gehandelt, nachdem das gelbe Edelmetall jüngst ein Siebenjahreshoch von 1703 Dollar erklommen hatte.

(APA/Reuters)

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