Alberto Contador: Der ungeliebte Superstar

Alberto Contador ungeliebte Superstar
Alberto Contador ungeliebte Superstar(c) AP (Bas Czerwinski)
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Alberto Contador wird am Sonntag zum dritten Mal die Tour de France gewinnen. Der beste Rundfahrer der Welt ist trotzdem ein großer Unbekannter. Er hat nicht das Charisma eines Lance Armstrong.

Bordeaux. Andy Schleck hat seine Meinung geändert. Die Tour de France 2010 wird am Sonntag nicht zwingend jener Mann gewinnen, der auch nach der Bergankunft auf dem Col du Tourmalet das Gelbe Trikot trägt. Das wäre Alberto Contador, er hat immer noch acht Sekunden Vorsprung auf den Luxemburger. Doch Schleck hat den Traum vom Gesamtsieg noch nicht aufgegeben – obwohl er im Zeitfahren (Samstag ab 14.15 Uhr, live, Eurosport) als der klar schlechtere Fahrer gilt. „Ich werde alles geben“, sagt Schleck. „Vor der Tour hieß es, Contador sei der weltbeste Kletterer. Ich habe gezeigt, dass ich auf einer Höhe mit ihm bin. Vielleicht bin ich auch im Zeitfahren ebenbürtig.“

Freunde wie Feinde sehen Alberto Contador aber schon als den fixen Gesamtsieger der Tour de France 2010. Und Feinde hat der Astana-Fahrer genug, ihr Wort hat also Gewicht. Der kleine Mann aus Madrid ist unumstritten der beste Rundfahrer der Welt, die Fanherzen fliegen ihm trotzdem nicht zu. Der 27-Jährige versprüht nicht den frischen Witz eines Andy Schleck. Er hat nicht das Charisma eines Lance Armstrong.

Nein, Sympathieträger ist der Tour-de-France-Sieger von 2007 und 2009 keiner. Und die wenigen Sympathien, die er hatte, verspielte er, als er Andy Schleck trotz dessen Kettendefekts auf der 15. Etappe attackierte und so die wohl alles entscheidenden acht Sekunden herausholte.

Vogelzüchter und Jäger

Er wird die „Große Schleife“ am Sonntag wohl ein drittes Mal für sich entscheiden. Auch bei der Vuelta und dem Giro d'Italia hat Contador schon gewonnen. Trotzdem gilt er nicht als Superstar. In seine Imagepflege hat er bislang wenig investiert. In Interviews gibt er sich stets einsilbig. Contador spricht nicht gern über sich. Wenn überhaupt, spricht er übers Radfahren.

Dabei ist der Spanier ein gefundenes Fressen für Öffentlichkeitsarbeiter. Es wäre ein Leichtes, Contador als einen unbeugsamen Kämpfer wie Lance Armstrong zu stilisieren. Die Erfolge sind da, das Leid ebenso. Im Mai 2004 stürzte Contador von Krampfanfällen geschüttelt vom Rad. In seinem Gehirn wurde eine Gefäßmissbildung, ein Kavernom, diagnostiziert. Er bangte um sein Leben, musste operiert werden und kämpfte sich im Profiradsport wieder nach oben.

Man kann vieles über Contador sagen. Dass er aber mit seinem Schicksal oder dem seines Bruders, der cerebral gelähmt ist, nicht hausieren geht, ehrt ihn. Weniger ehrt ihn, dass er, wie so viele Radprofis auch, in die Dopingaffäre um den spanischen Arzt Eufemiano Fuentes verwickelt war. Sein Name stand auf dessen Kundenliste, verschwand davon auf unbekannte Weise aber wieder. Contador begegnet den Anschuldigungen auf seine eigene Art und Weise: Er schweigt.

Viel sagt Contador auch über sein Privatleben nicht. Bekannt ist, dass er mit seiner Verlobten Macarena in Madrid lebt. Und er züchtet Vögel: bevorzugt Distelfinken und Kanarienvögel. Außerdem ist er ein leidenschaftlicher Jäger. Welch ein Hobby für einen Mann, der von allen gejagt wird. Von der Konkurrenz, von Journalisten, von Dopingfahndern.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.07.2010)

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