Autoindustrie

Aussetzen von Diesel-Abgasreinigung: EuGH entscheidet

Dieselmotoren dürfen laut den gesetzlichen Vorschriften die Abgasreinigung abschalten, wenn die Außentemperatur weniger als 15 Grad Celsius oder mehr als 33 Grad Celsius beträgt.
Dieselmotoren dürfen laut den gesetzlichen Vorschriften die Abgasreinigung abschalten, wenn die Außentemperatur weniger als 15 Grad Celsius oder mehr als 33 Grad Celsius beträgt.APA/zb/Patrick Pleul
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Der Dieselskandal beschäftigt weiter die Gerichte. Jetzt geht es um eine Grundsatzentscheidung zu sogenannten Thermofenstern.

Wien. Im Skandal um manipulierte Abgaswerte bei Dieselautos hat der Oberste Gerichtshof (OGH) die Frage der temperaturabhängigen Abschaltvorrichtung der Abgasreinigung dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) vorgelegt.

Dieselmotoren dürfen laut den gesetzlichen Vorschriften die Abgasreinigung abschalten, wenn die Außentemperatur weniger als 15 Grad Celsius oder mehr als 33 Grad Celsius beträgt. Mit diesen sogenannten Thermofenstern soll eine Versottung des Motors verhindert werden. Im Zuge des Dieselabgasskandals wurde bekannt, dass manche Hersteller diese Thermofenster sehr großzügig auslegen.

Anwalt Michael Poduschka, der den konkreten Fall in Österreich vor Gericht gebracht hat, kritisiert, dass die gesetzliche Ausnahme so weit ausgelegt werde, dass die Fahrzeuge die Luftqualität europaweit mehr als das halbe Jahr „extrem beeinträchtigen“.

Konkret geht es in dem Fall um einen Salzburger, der Ende 2013 einen VW Sharan gekauft hat. Die Klage gegen die Volkswagen AG und den Händler brachte er im November 2017 ein. Eingeklagt wurde die Rückgabe des Fahrzeugs gegen Bezahlung einer Nutzungsgebühr, weil die temperaturabhängige Abschaltvorrichtung bei den Nachbesserungen im Zuge des Dieselskandals nicht beseitigt wurde.

Sieben Fälle bei EuGH

Die ersten beiden Instanzen, das Landesgericht Linz und das Oberlandesgericht Linz, wiesen die Klage ab. Das Landesgericht ging davon aus, dass der Käufer das Fahrzeug auch gekauft hätte, wenn er gewusst hätte, dass eine Abschalteinrichtung eingebaut ist. Das Thermofenster sei zudem rechtskonform, da es vom deutschen Kraftfahrt-Bundesamt genehmigt sei, so das Gericht.

Der OGH bezweifelt dagegen die Rechtmäßigkeit dieser Vorrichtung. Vor allem sei es fraglich, ob es in Ordnung sei, dass bei der Verbesserung der Abgasreinigung nach dem Dieselskandal eine neue temperaturabhängige Abschalteinrichtung verbaut bzw. eine solche Einrichtung nicht beseitigt wird. Zumal es in Österreich und Teilen der EU ein halbes Jahr unter 15 Grad hat, sich eine Abgasreinigung nur in Ausnahmefällen ausschalten darf und Ausnahmen eng auszulegen seien. Der EuGH soll daher entscheiden, ob es rechtlich zulässig ist, wenn ein Ausnahmetatbestand faktisch für den Regelbetrieb gelten soll. Allein das Vorherrschen niedriger Temperaturen entbindet die Autokonzerne nach Meinung des OGH nicht vom Erfordernis des Funktionierens des Abgasrückführungssystems. Das Verfahren in Österreich ist jetzt so lang unterbrochen, bis sich der EuGH zu den Fragen äußert.

Der österreichische Fall ist nicht der einzige im Dieselabgasskandal, mit dem sich das Brüsseler Gericht beschäftigen muss. Insgesamt sind aktuell sieben Verfahren beim EuGH anhängig, sechs aus Deutschland, eines aus Frankreich.

Auch das Landesgericht Stuttgart hat im Fall eines Porsche-Fahrers Mitte März das Gericht angerufen und um eine Klärung wegen des Thermofensters ersucht. (red.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.03.2020)

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