Zurück in die Blase

Social Distancing: Design, das Blasen bildet

Abstandhalter. „Aura“ heißt der Sessel des finnischen  Herstellers Inno.
Abstandhalter. „Aura“ heißt der Sessel des finnischen Herstellers Inno.(c) Beigestellt
  • Drucken

„Social Distancing“ ist nicht die Erfindung einer Krise. Sondern des Designs. Ein neues Gefühl für Nähe könnte folgen. Zumindest gestalterisch.

Wer’s vorher nicht bemerkt hat, weiß es spätestens jetzt, in Coronazeiten. Die Gesellschaft, die sich gerade versucht intern in möglichst kleine soziale Einheiten aufzubröseln, sprich Kernfamilie, ist eine „mediatisierte“. Zwischen das eine und das andere menschliche Gesicht schiebt sich längst viel mehr als nur mit Luft gefüllter Raum. An den Supermarktkassen inzwischen coronabedigt sogar Plexiglas, notdürftig angedübelt als gestalterische Krisenintervention.

Raumgefühl. Einen Kubikmeter nimmt der Sessel „M3“ ein, den Thomas Feichtner entwarf.
Raumgefühl. Einen Kubikmeter nimmt der Sessel „M3“ ein, den Thomas Feichtner entwarf. (c) Beigestellt



Zwischen Oma und Enkerl, aber auch zwischen Abteilungsleiter und Mitarbeiter schaltet sich der eine oder andere Screen, eine Kamera, eine Messenger-App, jedenfalls ein digitaler Kommunikationskanal. Nichts Neues in der beruflichen Kommunikation, die lang ohnehin glaubte, man könnte auf soziale Signale verzichten, solange Effizienz das Ziel sein soll. Kann man natürlich nicht. Selbst der kürzeste Befehl ist schon ein soziales Signal. Und hat er schriftlich-digital plötzlich drei ungelenke Rufzeichen, bedeutet das auch schon wieder mehr als nur den Appell. Doch internetbasierte Technologien sind nicht die ersten Formate, die das tun, was Medien eben so tun: verbinden und trennen gleichzeitig. Schon der Brief stand ja irgendwie zwischen uns. Ein Medium, das Distanzen überbrückt. Aber gleichzeitig schafft. Aus Macht- und sonstigen Gründen, die Autoritäten so haben können. Dutzende Technologiesprünge später kapselt auch die digitale Kommunikation, auf die nun so viele zurückgeworfen werden, die Menschen voneinander ab, in ihren Blasen, die diesmal ausnahmsweise gar nicht selbst gewählt sind. Und das ausgerechnet in einer Ära, in der die Kurve wieder herauszuführen schien aus einer Phase: Jener, in der man technologiebasierter Kommunikation – und Medien überhaupt – so ziemlich alles zutraute. Hinaus in die analog erlebbare Welt hat eine zarte Linie wieder geführt, sogar vom Medium Buch zur Autorenlesung. Des Live-Erlebnisses wegen. Und vom Streamen zuhause in die atmosphärischen Orte des Stadtlebens, wo sie auch Filme zeigen. Und dann so etwas.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.