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Chronologie zum Coronavirus: Das gigantische Dominospiel

Wie ist es dazu gekommen, dass solche Bilder (fast) Normalität sind? Soldaten desinfizieren einen Zug in Brasilien.
Wie ist es dazu gekommen, dass solche Bilder (fast) Normalität sind? Soldaten desinfizieren einen Zug in Brasilien.(c) APA/AFP/CARL DE SOUZA (CARL DE SOUZA)
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Es begann Ende 2019 mit Berichten über ein neues Virus in China. Am 21. Februar meldete Italien den ersten Todesfall, in Österreich ist das Leben seit 16. März komplett anders.

31. Dezember:Erste Warnung aus China

Die WHO wird über mehrere Fälle einer mysteriösen Lungenkrankheit in Wuhan, der Hauptstadt der zentralchinesischen Provinz Hubei, informiert. Demnach registrierte man den ersten Fall am 12. Dezember. Es gab aber schon früher Fälle. Lange versuchten die Behörden, jegliche Informationen über ein mögliches Virusproblem zu unterdrücken.

7. Jänner: Erreger identifiziert

Chinesische Experten identifizieren den Erreger 2019-nCoV. Er gehört zur (großen) Familie der Coronaviren und man nimmt zu dem Zeitpunkt noch an, dass sich Menschen nicht allzu leicht gegenseitig damit anstecken. Am 11. Jänner wird der erste Todesfall vermeldet. In Österreich beobachtet man die Ereignisse vorsichtig aus der Ferne. Die Ausbreitung außerhalb Chinas beginnt ab Mitte Jänner. Am 20. Jänner bestätigen chinesische Experten die Mensch-zu-Mensch-Übertragung.

23. Jänner: Quarantäne in Wuhan

Niemand hat bisher so drastische Maßnahmen gesetzt wie China. Als klar ist, dass die Ausbreitung des Virus nicht zu verhindern ist, riegeln die Behörden das Epizentrum Wuhan mit seinen elf Millionen Einwohnern ab. Sämtliche Zufahrtswege werden gesperrt, das öffentliche Leben auf null heruntergefahren. Wenig später werden mit der ganzen Provinz Hubei 60 Millionen Menschen faktisch unter Zwangsquarantäne gestellt. Daraus wurde ein De-facto-Hausarrest. In nur zehn Tagen wird ein Krankenhaus mit 1000 Betten auf 25.000 Quadratmetern errichtet.

Fischmarkt in Wuhan.
Fischmarkt in Wuhan.(c) Imago

24. Jänner: Das Virus erreicht Europa

Mit der Bestätigung von drei Fällen in Frankreich hat das Virus offiziell Europa erreicht. Die Patienten hatten sich zuvor in China aufgehalten. In China zweifeln Ärzte an den offiziellen Zahlen. Am 27. Jänner gibt es den ersten Fall in Deutschland. Und die WHO stuft die weltweite Gefährdung  als „hoch“ ein.

11. Februar: Das Virus hat einen Namen

Die WHO hat dem neuartigen Coronavirus einen Namen gegeben, das die Übergangslösung „2019-nCoV“ ablösen soll: "Covid-19“. Die WHO sieht eine "realistische Chance", die Ausbreitung zu stoppen, wenn man jetzt investiere.

21. Februar: Erster Todesfall in Italien

Italien meldet den ersten und kurz darauf den zweiten Todesfall, es werden die ersten Kommunen in Norditalien von der Außenwelt abgeschirmt, die ersten Fußballspiele abgesagt. Es kommen unschöne Bilder von langen Schlangen vor Lebensmittel-Geschäften.

Aus Sorge vor Problemen mit den Lebensmittellieferungen wurden am Wochenende in und um Mailand (wie hier in Casalpusterlengo) Supermärkte von Kunden regelrecht gestürmt.
Aus Sorge vor Problemen mit den Lebensmittellieferungen wurden am Wochenende in und um Mailand (wie hier in Casalpusterlengo) Supermärkte von Kunden regelrecht gestürmt.(c) Reuters

23. Februar: Züge am Brenner gestoppt

Vielen scheint es im Februar noch unglaublich - und überzogen: Zwei Fahrgäste mit Husten und Fieber in einem Zug von Venedig nach München haben den Zugverkehr am Brenner für vier Stunden zum Stillstand gebracht. Die italienische Bahn meldete den Corona-Verdachtsfall den ÖBB, diese schalteten das österreichische Innenministerium ein.

Das Virus hat nun auch Südkorea erfasst, die Millionenstadt Daegu wird zur Sonderzone erklärt.

25. Februar: Erste Fälle in Österreich

In Tirol werden die ersten beiden heimischen Fälle bekannt: zwei in Österreich arbeitende Italiener. Ein Hotel in Innsbruck - der Arbeitsplatz der Frau - wird behördlich gesperrt. Einen Tag später wird das Gymnasium Albertgasse in Wien abgeriegelt, weil eine Lehrerin (fälschlich) verdächtigt wird, sie könnte sich infiziert haben. Zwei Tage später gibt es drei bestätigte Corona-Fälle in Wien. Die WHO spricht Ende Februar erstmals von einem "pandemischen Potenzial" des Coronavirus.

2. März: Desinfektionsmittel werden knapp

In Österreich sind nun 16 Menschen infiziert, rund 350 befinden sich in behördlicher Absonderung. Es gibt einen Engpass bei Desinfektionsmitteln. Ein Stopp für Großevents, wie es das in der Schweiz schon gibt, steht für Österreich noch nicht im Raum, sagt Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne).

5. März: Island erklärt Ischgl zum Risiko-Gebiet

Die Tiroler Behörden erfahren, dass 15 isländische Gäste in ihrer Heimat nach einem Ischgl-Aufenthalt positiv auf das Virus getestet worden sind.

Hotspot Ischgl
Hotspot Ischgl(c) APA/JAKOB GRUBER (JAKOB GRUBER)

7. März: Barkeeper im „Kitzloch“ positiv getestet

Ein 36-jähriger deutscher Barkeeper der Après-Ski-Bar „Kitzloch“ (dort waren auch die erkrankten Isländer) wird positiv getestet. Für andere Besucher sieht man in Tirol keine Gefahr, die Bar wird erst am 9. März gesperrt. „Eine Übertragung des Coronavirus auf Gäste der Bar ist aus medizinischer Sicht eher unwahrscheinlich“, informiert die Landessanitätsdirektion am 8. März.

10. März: Größere Veranstaltungen verboten, Unis geschlossen

In Österreich verkündet die Regierung die ersten massiven Eingriffe ins öffentliche Leben: Indoor-Veranstaltungen mit über hundert Personen und Outdoor-Events mit über 500 Personen werden untersagt, die Universitäten geschlossen. Man bittet die Bevölkerung, soziale Kontakte zu minimieren und Hygienevorschriften einzuhalten. Bald wird bekannt, dass die Schulen mit ein paar Tagen Vorlaufzeit auch schließen sollen. Die Menschen fürchten Ausgangssperren wie in Italien (die die Regierung verneint), Hamsterkäufe sind die Folge. In Italien ist mittlerweile ein Viertel der Bevölkerung unter Quarantäne gestellt, für das Land gilt ein ein grundsätzliches Ein- und Ausreiseverbot.

11. März: Nicht wie die Grippe

Die WHO stuft die Coronakrise mittlerweile als Pandemie ein. Lange wurde der Virus mit der Grippe verglichen, nun gibt es neue, unerfreuliche Erkenntnisse: Der Erreger ist ansteckender als erhofft, die bevorstehenden warmen Temperaturen dürften für keine nennenswerte Entspannung der Lage sorgen, und zu allem Überfluss hält sich parallel dazu die Grippewelle so hartnäckig wie seit Jahren nicht mehr.

12. März: Gottesdienste abgesagt, Börsencrash

Zum „Schutz der älteren und besonders gefährdeten Menschen“ werden  Gottesdienste ausgesetzt, Hochzeiten und Taufen sollen verschoben werden. Zahlreiche Veranstaltungen werden abgesagt, in Wien gibt es vier Intensivpatienten. Die Wall Street erlebt den schlimmsten Börsencrash seit 1987, von der Wiener Börse wird ein Rekordverlust gemeldet. In Österreich gibt es das erste Todesopfer, einen Italienheimkehrer mit Vorerkrankungen. Die USA schließen ihre Grenzen für Reisende aus Europa.

13. März: Hamsterkäufe in ganz Österreich

Manche begannen schon vorher, sich einzudecken, am Freitag dem 13. März herrscht in den (größeren) Lebensmittelgeschäften Ausnahmezustand: Neben Nudeln und Dosengerichten wird vor allem Toilettenpapier gehamstert.

15. März: Ausgangsbeschränkungen beschlossen

Im Eiltempoverfahren wird das Gesetzespaket, das die Regierung zur Eindämmung der Coronakrise angekündigt hat, an einem Sonntag beschlossen. Verschärft wird es noch durch sogenannte Ausgangsbeschränkungen. Österreicherinnen und Österreicher dürfen ihr Haus nur mehr verlassen, wenn sie zur Arbeit gehen, Lebensmittel einkaufen, anderen Menschen helfen oder spazieren gehen - alles mit einem Mindestabstand von einem Meter. Die Maßnahme gilt vorerst für eine Woche. Einige Tage gibt es Verwirrungen und widersprüchliche Angaben zu dem, was erlaubt ist.

Das Leben wird einsamer.
Das Leben wird einsamer.(c) APA/HERBERT P. OCZERET

16. März: Verbote, Beschränkungen, Sperren und Strafen

Ein einschneidender Tag in Österreich. Alle Geschäfte, die nicht der Grundversorgung dienen, bleiben geschlossen. Die Gastronomie ist weitgehend lahmgelegt. Die Straßen sind plötzlich recht leer. Kanzler Sebastian Kurz sagt, lediglich nicht aufschiebbare Berufsarbeit, dringend notwendige Besorgungen und Hilfe für andere Menschen seien Gründe, um das Haus zu verlassen. Alle, die können, sollen von zuhause aus arbeiten.

Der Etappenplan für die verschiedenen Schultypen wird schneller umgesetzt, ab 16. März gehen kaum mehr Kinder in die Schulen und Kindergärten. Der ständig wiederholte Appell der Regierung: Die Kurve der Ansteckungen müsse so flach wie möglich gehalten werden, um das Gesundheitssystem nicht zu überfordern. Die AUA und Laudamotion stellen ihren Flugbetrieb ein, es gibt nur noch Rückholflüge.

18. März: Regierung dreht Geldschleuse auf

Die Regierung stellt bis zu 38 Milliarden Euro bereit, um die wirtschaftlichen Folgen des Coronavirus abzufedern. Man wolle alles Menschenmögliche tun, um massenhafte Arbeitslosigkeit zu verhindern. Nach dem Motto: „Koste es, was es wolle.“ Es wird davon ausgegangen, dass die Corona-Krise in Österreich ein Defizit von zumindest einem Prozent der Wirtschaftsleistung verursachen wird, berichtet Finanzminister Gernot Blümel.

Tirol stellt alle Gemeinden unter Quarantäne. Derweil macht Australien die Schotten dicht: Die Regierung hat allen Bürgern die Ausreise verboten.

24. März: Olympische Spiele verschoben

Die Fußball-EM wurde bereits verschoben. Es ist klar, dass die Krise nicht so schnell vorbei sein wird. Man einigt sich auf eine Verschiebung der von 24. Juli bis 9. August geplanten Sommerspiele in Tokio.

China hebt derweil die Abriegelung der Provinz Hubei weitgehend auf. Die Behörden hatten 60 Millionen Einwohner zwei Monate lang von der Außenwelt abgeschottet.

25. März: Indien - die größte Ausgangssperre der Welt

Seit drei Tagen sind nach und nach in fast jedem indischen Bundesstaat Ausgangssperren verhängt worden. Nun dürfen 1,3 Milliarden Menschen nur noch ihr Zuhause verlassen, wenn sie Lebensmittel einkaufen oder zum Arzt gehen müssen. Im Internet machen Videos die Runde, wie Polizisten Menschen mit Schlagstöcken auf der Straße verprügeln. 

In den USA gibt es eine Einigung auf ein zwei Billionen Dollar Hilfspaket. 60 Prozent der Infektionen in den USA stammen aus New York. Und Spanien ist nach Italien das am stärksten von der Coronavirus-Pandemie betroffene Land in Europa. 

26. März: Seit Ausgangsbeschränkungen 163.200 mehr Arbeitslose

Die Coronakrise lässt die heimischen Arbeitslosenzahlen auf ein Rekordhoch steigen. Besonders betroffen ist neben Tourismus und Gastronomie auch die Baubranche. Praktisch alle Experten sind davon überzeugt, dass die Ausbreitung des Coronavirus nicht mehr aufzuhalten ist und sich früher oder später die Mehrheit der Bevölkerung anstecken wird – die Berechnungen gehen von 60 bis 70 Prozent aus. 

„Bleibt zu Hause“: In Kampala, der Hauptstadt Ugandas in Ostafrika, erklärt ein Behördenvertreter Maßnahmen.
„Bleibt zu Hause“: In Kampala, der Hauptstadt Ugandas in Ostafrika, erklärt ein Behördenvertreter Maßnahmen.(c) AFP/BADRU KATUMBA

27. März: USA haben mehr bestätigte Fälle als China

Mehr als 82.400 Menschen erkrankten in den USA offiziell am Coronavirus, die Dunkelziffer wird sehr hoch geschätzt, Hotspot ist New York. Ein Konjunkturprogramm von zwei Billionen Dollar wurde bereits zuvor beschlossen.

30. März: Österreich setzt auf das Tragen von Masken

Die österreichische Regierung hat neue Maßnahmen verkündet. Etwa: Supermärkte dürfen bald nur noch mit Masken betreten werden, außerdem kommen Bodenmarkierungen und begrenzte Personenzahlen beim Einkaufen. Man habe nun zwei Wochen des „Notbetriebes“ hinter sich, dennoch stehe man nach wie vor „am Beginn eines Marathons“. Ältere sowie Menschen mit schweren Vorerkrankungen sollen nicht mehr in die Arbeit müssen. Entweder sie können im Homeoffice tätig sein oder sie werden verpflichtend freigestellt. 

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