Covid-19

Coronavirus: EU scheitert bei Einigung auf gemeinsame Finanzhilfen

EU-Ratspräsident Charles Michel.
EU-Ratspräsident Charles Michel.(c) APA/AFP/POOL/FRANCOIS WALSCHAERTS (FRANCOIS WALSCHAERTS)
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Die Wirtschaft hätte ein Signal der Entschlossenheit gebraucht. Der EU-Gipfel in der Nacht auf Freitag aber endete im Streit über „Corona-Bonds". Der nächste Anlauf kommt erst in zwei Wochen.

Die Grenzen dicht, der Binnenmarkt gelähmt, die Nerven aufgerieben: Die Corona-Krise wird für die Europäische Union zur Bewährungsprobe. Am Donnerstag nahmen die 27 Staaten neu Anlauf, endlich an einem Strang zu ziehen, bei einem Videogipfel mit Bundeskanzlerin Angela Merkel und den übrigen Staats- und Regierungschefs. Doch statt des Signals der Geschlossenheit gab es erst einmal heftigen Streit.

Italien, das von der Krise so schwer getroffene Land, stellte sich gegen die vorab von Diplomaten ausgehandelten, fein gedrechselten Kompromisse. Es ging darum, wie sich die Staaten gemeinsam vor den dramatischen Folgen der Wirtschaftskrise schützen können - um einen Rettungsschirm für jene, die womöglich künftig unter den gigantischen Kosten der Konjunkturhilfen für ihre Unternehmen und Bürger wanken könnten.

Am Ende haben die europäischen Staats- und Regierungschef eine Entscheidung über die Art der Finanzhilfen am späten Donerstag Abend vertagt. Wie aus Ratskreisen nach dem EU-Videogipfel verlautete, sollen die Länder der Eurozone in zwei Wochen Vorschläge zur Finanzpolitik angesichts den Auswirkungen der Verbreitung des neuartigen Virus vorlegen.

Knackpunkt Corona-Bonds

Der Beschluss der Gipfelerklärung hatte sich verzögert, da Uneinigkeit über die Einführung von sogenannten "Corona-Bonds" und dem Einsatz des Euro-Rettungsschirms ESM bestand. Eine Entscheidung dazu wurde damit vertagt. Zuvor hatte Italiens Regierungschef Guiseppe Conte die vorher ausgehandelte Gipfelerklärung als unzureichend abgelehnt. Er fordere "wirklich innovative und angemessene Finanzinstrumente" binnen zehn Tagen, um die Wirtschaftsfolgen der Corona-Krise zu bewältigen.

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hält die "existierenden Instrumente" des Euro-Rettungsschirm ESM für die "richtige Ergänzung" zu den Maßnahmen der Europäischen Zentralbank zur Stabilisierung von Wirtschaft und Märkten infolge der Corona-Krise. "Was wir weiterhin klar ablehnen ist eine Vergemeinschaftung von Schulden in der EU, wie etwa durch Coronabonds", teilte Kurz nach dem EU-Gipfel mit.

Neun EU-Länder, allen voran Italien setzten sich für die Einführung von sogenannten "Corona-Bonds" ein, auch über die Konditionalitäten bei einem Einsatz des Euro-Rettungsschirms ESM wurde diskutiert.

Vorschläge in zwei Wochen

Nun sollen in zwei Wochen die Länder der Eurozone neue Vorschläge für gemeinsame Unterstützungsmaßnahmen vorlegen. Bundeskanzler Kurz ist der Ansicht, dass mit den existierenden Instrumenten des ESM "allen Mitgliedsstaaten geholfen werden, die Hilfe brauchen".

Auch die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte laut Reuters, für Deutschland sei der Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM) das Hauptinstrument, um anderen europäischen Ländern in der Coronavirus-Krise zu helfen. Auf die Frage nach Euro-Bonds sagt Merkel, der ESM gebe genügend Spielraum, um zu reagieren, ohne die Grundprinzipien aufzugeben.

Abbau von Hürden

Dass "die meisten EU-Staaten, zuletzt Deutschland, Dänemark und Polen, ähnlich harte Maßnahmen wie Österreich gesetzt" haben, um die Ausbreitung des Coronavirus einzudämmen, bezeichnete Kurz als "sehr wichtig, denn wir dürfen das Virus nicht unterschätzen". Auch unterstrich der Kanzler in Hinblick auf medizinisches Gerät die Bedeutung des Abbaus von "Hürden an den Binnengrenzen für die Zulieferung" und die Berücksichtigung des "Westbalkan im gemeinsamen Beschaffungsprozess der EU".

Italien ist mit mehr als 8.000 Corona-Toten nicht nur das am schwersten von der Epidemie getroffene EU-Land. Es hat nach Griechenland mit einem Schuldenberg von über 130 Prozent der Wirtschaftsleistung auch den geringsten finanziellen Spielraum, um auf den Konjunktureinbruch infolge der Corona-Krise zu reagieren.

(APA/red.)

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