Neuer Song

Bob Dylan ist wieder da – und singt über den Kennedy-Mord

FILE PHOTO: Rock musician Bob Dylan performs at the Wiltern Theatre in Los Angeles
FILE PHOTO: Rock musician Bob Dylan performs at the Wiltern Theatre in Los Angeles(c) REUTERS (ROBERT GALBRAITH)
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Nach acht Jahren veröffentlicht Bob Dylan wieder einen eigenen Song: „Morder Most Foul“ dauert 17 Minuten und zeichnet ein dichtes Bild der US-Gegenkultur.

Seit „Tempest“ (2012) hat Bob Dylan keine neuen Songs veröffentlicht, nur seine Interpretationen des Frank-Sinatra-Katalogs. Nun hat er überraschend ein Stück ins Netz gestellt – und zwar ein gewaltiges: „Murder Most Foul“ dauert fast 17 Minuten, mehr als sein bisher längster Song „Highlands“. Und es geht um nicht weniger als um die gesamte Gegenkultur der 60er-Jahre, deren Wortführer zu sein Dylan immer abgelehnt hat. Einst, 1963, verweigerte er auch die offensive Anteilnahme an der Ermordung John F. Kennedys, erklärte sogar in einer verworrenen Ansprache, er könne sich in den Attentäter hineinversetzen.

Nun, mehr als 56 Jahre später, beginnt er seine Predigt – begleitet von einem elegischen Klavier, grübelnden Streichern und sanft zischendem Schlagzeug – mit ebendiesem Mord: „'t was a dark day in Dallas, November '63, a day that will live on in infamy“, so lautet der erste Satz, daraus wird ein religiöses Bild: JFK sei zur Schlachtbank geführt worden wie ein Opferlamm. Dylan lässt den legendären Radio-DJ Wolfman Jack ein Klagelied heulen – und zu den Beatles überleiten, zu Woodstock und seinem dunklen Pendant Altamont. Immer wieder kommt das Motiv des Mordes auf; „The age of the Antichrist has just begun“, sagt ein anonymer Zeitzeuge; indessen werden die Zitate aus Poptexten immer dichter, von Tommy bis zu Dizzy Miss Lizzy.

Wolfman Jack ist der DJ

Schließlich wird Wolfman Jack an die Plattenteller gebeten, er soll „Only The Good Die Young“ auflegen, Blues, Jazz und die Eagles, aber auch „,Stella by Starlight‘ for Lady Macbeth“. Und, ganz am Ende der langen Litanei, „The Blood-stained Banner“ und „Murder Most Foul“. Den Krimi aus dem Jahr 1964? Oder das Lied selbst? Kann man dieses auch als Kommentar zum heutigen Amerika verstehen? Oder ist es nur die wortreiche Beschwörung des allgemeinen Verfalls, diagnostiziert vom alten Bob Dylan, der fast jedes seiner Konzerte mit dem galligen „Things Have Changed“ beginnt, mit der Feststellung, dass ihm die Welt schon egal sei?

Seine ab 1. April geplante Japantournee ist indessen abgesagt, die US-Konzerte ab 4. Juni stehen noch im Kalender der Fans. Denen Bob Dylan sein neues Produkt („ein unveröffentlichter Song, den ihr vielleicht interessant findet“) geradezu liebevoll unterbreitet, mit „Dankbarkeit für all eure Unterstützung und Loyalität in all den Jahren“. Und mit Gruß und Segen: „Stay safe, stay observant and may God be with you.“

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