Roman

Juri Andruchowytsch: Pech, Zufall, Schicksal, Verrat

Thema in „Die Lieblinge der Justiz“: die abscheuliche Gewalt, die Menschen anderen zu jeder Zeit antun. Und: Gerechtigkeit ist eine Illusion. Tiefschwarzer Humor und postmoderne Konstruktion kennzeichnen diese „parahistorische“ Prosa.

Die Todesarten in den Kriminalfällen, die Juri Andruchowytsch in seinem „Parahistorischen Roman in achteinhalb Kapiteln“, „Die Lieblinge der Justiz“, darstellt, sind mannigfach, die Charaktere der vorgestellten Delinquenten facettenreich, das Ergebnis ist im Effekt stets ähnlich: Da taumelt einer, fehlgeleitet durch Ideologie, Verliebtheit oder aus sehr niederen Impulsen, jedenfalls gravierend verblendet und mehr oder weniger wahnsinnig, durch die Welt. Durch Missgeschick, Pech, Zufall, Schicksal oder Verrat gelangt er mitunter in die Fänge der Justiz, mitunter entkommt er ihr aber auch (wieder), und beides hat, so zeigen die acht vorgestellten Fälle, am Ende nicht viel mit Gerechtigkeit zu tun, wie das der Begriff „Justiz“ suggerieren würde.

Myroslaw Sitschynski etwa tötet 1908 Graf Andrzej aus politischer Überzeugung, wird aufgrund von Justizreformen dafür aber nicht hingerichtet, sondern stirbt nach erfolgreicher Flucht aus dem Gefängnis erst 92-jährig in den USA; Bohdan Staschynskyj, „Untier“ und „Mordroboter“, mordet als KGB-Spion, wechselt 1962, just in der Nacht, in der die Berliner Mauer gebaut wird, aber rechtzeitig die Seiten, und wird im Westen für all seine Verbrechen lediglich zu acht Jahren Gefängnis verurteilt, von denen er nur vier absitzt; Albert Wiroziemski dagegen, ein falscher Klosterbruder der „Bernhardiner“, der stets zwölf Geliebte hat und jede Menge falsche Ehen stiftet und Fake-Taufen vornimmt, endet 1641 auf dem Scheiterhaufen in Lemberg, weil sein „Cyrographus“, der Pakt mit dem Teufel, sich dort als wirkungslos herausstellt. Und auch Julius Grodt trifft es hart, er wird als „monstrum rarissimum“ wegen angeblich mehrfachen Mordes nach erzwungenem Geständnis unter Folter auf der Streckbank zum Rädern „von unten herauf“ verurteilt.

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