Bei den Durchsuchungen in belgischen Kircheneinrichtungen sollen unter anderem Fotos von Opfern des Mörders und Kinderschänders Marc gefunden worden sein. Ein ehemaliger Erzbischof wird nun verhört.
Bei den umstrittenen Durchsuchungen in kirchlichen Gebäuden in Belgien sollen Ende Juni laut Medienberichten auch vertrauliche Unterlagen zum Fall des Mörders und Kinderschänders Marc Dutroux entdeckt worden sein.
Mehrere belgische Medien berichteten am Dienstag, zu den beschlagnahmten Dokumenten gehörten angeblich Fotos der Dutroux-Opfer Julie und Melissa sowie vertrauliche Berichte der Staatsanwaltschaft.
Fall Dutroux
Der Fall Dutroux, der 2004 mit einer Verurteilung zu lebenslanger Haft endete, hatte Belgien Ende der 1990er Jahre tief erschüttert. Dutroux hatte mehrere Mädchen entführt, von denen vier während ihrer Gefangenschaft in seinem Haus qualvoll starben. Der Fall erregte internationales Aufsehen, weil er große Probleme der Justiz und Polizei Belgiens ans Licht brachte und eine Staatskrise auslöste.
Was wusste der ehemalige Erzbischof?
Der ehemalige Erzbischof von Mechelen-Brüssel, Kardinal Godfried Danneels, wurde am Dienstag von der Staatsanwaltschaft als Zeuge verhört. Bei dem Verhör soll es unter anderem um die Dutroux-Dokumente gehen, aber auch um Vorwürfe unterlassener Hilfeleistung. Es gibt angeblich Hinweise, dass Missbrauchsvorwürfe vertuscht worden sind. Das Verhör soll nun offenbar klären, ob Danneels davon gewusst hat. Wenn dem so ist, könnte ein Verfahren folgen.
Die Zeitung "De Standaard" berichtet, die scharf kritisierte Durchsuchung der Gräber früherer Kardinäle in der Sint-Rombouts-Kathedrale in Mechelen gehe auf konkrete Vorwürfe zurück. Die frühere Vorsitzende der Untersuchungskommission für Missbrauchsvorwürfe, Godelieve Halsberghe, soll demnach den Ermittlern erklärt haben, Ex-Erzbischof Danneels habe Dokumente zu Missbrauchsfällen in der Krypta der Kirche an geheimem Ort versteckt. Belege dafür habe die Durchsuchung der Kathedrale aber nicht erbracht.
Rechmäßigkeit der Razzien wird noch geklärt
Laut Medienberichten sollen die zuständigen Justizbehörden noch in diesem Monat entscheiden, ob die Durchsuchungen vom 24. Juni am Sitz der Erzdiözese in Mechelen sowie bei der Missbrauchs-Untersuchungskommission in Löwen rechtmäßig waren. Am Montag wurde bekannt, dass die belgische Generalstaatsanwaltschaft eine Prüfung des Vorgehens der Brüsseler Staatsanwaltschaft bei den Durchsuchungen eingeleitet hat.
Die Brüsseler Staatsanwaltschaft hatte bei ihrer Razzia zahlreiche Akten und Rechner konfisziert. Den versammelten Bischöfen und Kirchenvertretern wurden die Handys abgenommen. Zudem wurden auf der Suche nach belastendem Material auch Grablegen verstorbener Erzbischöfe in der Kathedrale aufgebrochen.
Die Ermittler erklärten, es gebe Hinweise darauf, dass der Justiz Beweismaterial unterschlagen worden sei. Papst Benedikt XVI. und die Spitze der Belgischen Bischofskonferenz äußerten sich "verwundert" über das Vorgehen. Die kirchliche Missbrauchskommission trat zurück, weil die Justiz die den Opfern zugesicherte Vertraulichkeit gebrochen habe.
(APA/red.)