The Intercepted Love Letter
Kulturgeschichte

Jetzt ist es da, das neue Biedermeier

Auch wenn die Häuslichkeit nun erzwungen ist, hat sie viel gemein mit dem biedermeierlichen Rückzug in die Familie. Was waren seine Motive? Und: Wie viel Privatheit verträgt, wie viel Öffentlichkeit braucht eine Gesellschaft?

Wie im Biedermeier! Diesen Stoßseufzer hören wir nun oft. Viele fühlen sich von der erzwungenen Häuslichkeit genervt, überfordert. Man kann sich kaum vorstellen, dass sie im 19. Jahrhundert als ideale Lebensform galt, dass damals der Rückzug in ein „Castle“ namens „Home“ aus freien Stücken erfolgte. Trautes Heim, Glück allein: Eben noch klang es spöttisch, wenn wir diesen Sinnspruch als Credo der Spießer zitierten. Heute klingt es bitter.

Aber ob freiwillig oder mangels Alternative: Biedermeierlich sind unsere Aktivitäten allemal. Ganztags die Kinder, Handarbeit, private Kulinarik und Hausmusik – wie zu Zeiten der Restauration. Auch ein irrationaler Wunsch nach Autarkie macht sich breit: Es heißt, in den Läden gehe der Germ aus, weil so viele zu Hause Brot backen. Und wie die Gestalten auf Spitzwegs Bildern suchen wir unser kleines Glück im Gießen von Balkonpflanzen oder im Züchten von Kakteen.

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