Mit dem Stundenplan fing es an, heute trägt man den Terminkalender am Handgelenk: Die zeitliche Einteilung ist eine zentrale Disziplin.
Viel Zeit hat man jetzt, endlich die lang ersehnte Muße. Und doch vermisse ich etwas: den Terminkalender. Natürlich habe ich einen, trage ihn sogar am Handgelenk als Apple Watch. Die zeigt aber jetzt nur wenig an: Den Geburtstag eines Freundes, ein Abonnement muss erneuert werden, der Wasserzähler wird abgelesen. Jahrzehntelang lebte man mit einem und für den Terminkalender. Im Grunde fing das schon in der Volksschule mit dem Stundenplan an. Mein großer Freund Bernd Schilcher hat oft vom „paramilitärischen Charakter“ der Schulorganisation gesprochen. Das Jahrgangsprinzip entspreche der Einberufung, der Stundenplan dem Exerzierreglement – eine Stunde Anstrengung, dann eine kurze Unterbrechung zum Austreten. Tatsächlich folgen weder das Jahrgangsprinzip noch die Stundenpläne einem entwicklungs- oder lernpsychologischen Prinzip. Sie sind einfach organisatorisch begründet.
Nach dem Stundenplan dominieren Terminkalender unser Leben. Mein Ehrgeiz war, den Wochenablauf in den Grundzügen – Sitzungen, Referate, Fristen – auswendig zu kennen, intus zu haben. Irgendwie ähnelte man dabei dem preußischen Soldaten, den Heinrich Heine in „Deutschland. Ein Wintermärchen“ herrlich beschrieben hat: „Sie stelzen noch immer so steif herum, so kerzengrade geschniegelt, als hätten sie verschluckt den Stock, womit man sie einst geprügelt. Ja, ganz verschwand die Fuchtel nie, sie tragen sie jetzt im Innern . . .“