Coronavirus

China: Warteschlangen vor den Bestattungsinstituten

APA/AFP/GREG BAKER
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Die Viruspandemie verändert den Alltag der Chinesen von Grund auf: Viele können ihren Verstorbenen nicht die letzte Ehre erweisen, wie es die Tradition vorsieht. In Wuhan bilden sich Schlangen zur Abholung von Urnen.

Peking. Als Wu Mins bettlägriger Großvater in den Nachmittagsstunden des 24. Februar stirbt, schießt der 28-jährigen Chinesin nach der Todesnachricht reflexartig ein Gedanke durch den Kopf: möglichst bald ein Ticket in ihr Heimatdorf zu buchen. Von der Hauptstadt Peking, in der sie lebt und arbeitet, in die südchinesische Provinz Guangxi sind es immerhin knapp 1900 Kilometer Luftlinie. Oder drei Flugstunden, gefolgt von einer ebenso langen Busfahrt. Trotz der langen Anreise ist es unter normalen Umständen ein absoluter Pflichttermin, dem Großvater die letzte Ehre zu erweisen: „Beerdigungen sind traditionell das wichtigste Ereignis eines jeden Chinesen, wichtiger noch als die Geburt“, sagt Wu Min.

Doch normal ist in diesen Zeiten gar nichts mehr. Noch am selben Abend kommen der Büroangestellten die ersten Zweifel: Nach ihrer Rückkehr nach Peking müsste sie per Gesetz für 14 Tage in häusliche Quarantäne.

„Mein Chef hat nichts dagegen gesagt, aber ich lebe noch mit zwei Mitbewohnern zusammen. Die müssten dann ebenfalls für zwei Wochen zu Hause bleiben“, sagt Wu Min. Und überhaupt: Was, wenn sie sich im Flugzeug oder Bus mit dem Virus ansteckt und den Erreger in ihrem Heimatdorf verbreitet? Nach einer schlaflosen Nacht entscheidet sich die Endzwanzigerin, zu Hause zu bleiben. Ihr Vater, sagt sie, habe Verständnis gezeigt – im Gegensatz zu einigen Verwandten.

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