Brüssels Sümpfe beginnen daheim

Solange sich die EU-Kommission gegen das öffentliche Anprangern schlampiger Länder wehrt, wird sie nicht aus der Kritik kommen.

Typisch: Windige Hoteliers betonieren mithilfe von EU-Förderungen die schönsten spanischen Küsten zu, während die Eurokraten seelenruhig Däumchen drehen. Zeit also, diese Fonds aus Brüssel abzuziehen und den Staaten zurückzugeben. Denn die wissen am besten, was für ihre Regionen gut ist.

Klingt klug, ist aber blöd. Die Regional- und Lokalpolitik ist kein Hort staatstragenden Verantwortungsbewusstseins. Gemeinderäte, Bürgermeister, Landeshauptleute sind um keinen Deut tugendhafter als Brüsseler Beamte oder Wiener Bundesminister. Im Gegenteil: Betrug und Korruption wuchern gerade dort, wo landesweite Medien und die Öffentlichkeit nicht so genau hinschauen. „Bürgernähe heißt in vielen Gemeinden: Eine kleine Clique von wirtschaftlich einflussreichen lokalen Unternehmern kapert die Politik, um ihre persönlichen Interessen durchzusetzen“, hat das der Schriftsteller Michael Amon in der „Presse“ auf den Punkt gebracht.

Muss man sich also damit abfinden, dass die Regionalpolitik ein Selbstbedienungsladen politisch gut vernetzter Defraudanten ist? Natürlich nicht. Johannes Hahn könnte als EU-Regionalkommissar dem Spuk ein Ende machen, indem er besonders schlampige Länder, Regionen und Gemeinden an den Pranger stellt.

Andernfalls darf sich Hahn nicht wundern, dass seine Behörde einen schlechten Ruf hat. Und zwar mit Recht.

(Bericht: Seite 1)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.07.2010)

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