Coronakrise

Rufe nach Dividenden-Verzicht werden immer lauter

Die Telekom Austria soll heuer keine Dividende ausschütten, fordert der Betriebsrat
Die Telekom Austria soll heuer keine Dividende ausschütten, fordert der BetriebsratREUTERS
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Der Betriebsrat der Telekom Austria fordert die Aussetzung der Dividende für 2019 und 2020. Der Wiener Börse-Chef ist weiter gegen Dividendenverzicht. Die SPÖ will Staatshilfen an Dividendenverbot knüpfen.

Die Rufe nach einem Dividendenverzicht für Unternehmen, die in der Coronakrise staatliche Unterstützung in Anspruch nehmen, werden lauter. In der Debatte schlägt nun die SPÖ vor, die Vergabe von staatlichen Hilfen an ein Dividendenverbot zu knüpfen. Auch aus heimischen Firmen selbst werden schon erste Forderungen nach einem Dividendenverzicht gestellt.

„Es kann einfach nicht sein, dass der Staat Milliarden in die Unternehmen steckt, um ihnen und ihren Beschäftigten durch die Krise zu helfen, und dieselben Unternehmen zeitgleich Millionen an Dividenden auszahlen", so SPÖ-Finanzsprecher Jan Krainer am Dienstag laut Aussendung. „An einer gesetzlichen Regelung führt kein Weg vorbei," so Krainer weiter. Denn offenbar widerspreche es sich für die Unternehmen nicht, Geld vom Staat für Kurzarbeit in Anspruch zu nehmen und gleichzeitig Millionen an Gewinnen auszuschütten.

Auch innerhalb heimischer Unternehmen wurden bereits erste Stimmen laut, die einen Dividendenverzicht fordern. So hat der Betriebsrat der Telekom Austria am Dienstag wegen der „bisher undenkbaren und neue Herausforderungen" aufgrund des Coronavirus vorgeschlagen, die Dividendenausschüttungen an die Aktionäre für die Geschäftsjahre 2019 und 2020 auszusetzen. Die damit verfügbaren Finanzmittel sollten dagegen "für die Krisenbewältigung und die Arbeitsplatzsicherung" eingesetzt werden, so der Betriebsrat. Die Telekom Austria steht über eine Beteiligung der Österreichischen Beteiligungs AG (ÖBAG) zu 28,4 Prozent im Eigentum der Republik Österreich.

Ob staatsnahe oder gar alle Unternehmen, die Staatshilfen beziehen wollen, ihre Dividende aussetzen sollen, ist derzeit ein weltweit debattiertes Thema - einheitliche Regelungen gibt es aber noch nicht. So hat die französische Regierung hat Unternehmen mit staatlicher Beteiligung vor einigen Tagen einen einstweiligen Verzicht auf eine Dividendenzahlung nahegelegt. In Deutschland hat die Regierung indessen dem Reisekonzern TUI staatliche Hilfen zugesagt, verlangt aber im Gegenzug, dass während der Laufzeit des Darlehens keine Dividenden ausgeschüttet werden dürfen. In den USA sieht das neue Zwei-Billionen-Dollar-Konjunkturpaket für Unternehmen aus der Luftfahrt ein Dividendenverbot vor, sobald die Firmen Staatshilfen beziehen.

EZB fordert Banken zu Verzicht auf

Im Bankensektor gibt es dagegen schon etwas mehr Klarheit. Die Europäische Zentralbank (EZB) und auch der Europäische Bankenverband (EBF) haben die Kreditinstitute bereits explizit aufgefordert, keine Gewinnausschüttungen für 2020 zu tätigen. Die Institute sollten das Geld vielmehr nutzen, um in der Virus-Krise Haushalte und Unternehmen mit Krediten zu unterstützen und ihre eigene Stabilität zu gewährleisten. Für Österreich hat die Finanzmarktaufsicht (FMA) diese „dringliche Empfehlung" noch einmal gesondert ausgesprochen. Viele Banken haben bereits angekündigt, dieser Forderung Folge leisten zu wollen, darunter die deutsche Commerzbank, die niederländischen Institute ABN Amro und die italienische Bank-Austria-Mutter UniCredit.

Gegen einen Verzicht auf eine Dividendenausschüttung spricht sich dagegen weiterhin der Chef der Wiener Börse, Christoph Boschan, aus. Die aktuelle Dividende beziehe sich auf das abgeschlossene Geschäftsjahr 2019, sagte Boschan am Dienstag in einem Interview mit der Tageszeitung "Der Standard". „Alle Lieferanten und Mitarbeiter haben für dieses Jahr ihr Geld bekommen. Nur die Eigenkapitalgeber nicht, die sollen jetzt umfallen", so Boschan.

Dagegen fände Boschan es angemessen, über die Gewinne des heurigen Jahres zu sprechen, die Mithilfe der Staatshilfen erwirtschaftet werden. Hier könne man darüber nachdenken, ob diese im Unternehmen verbleiben sollten. „Eine zukünftige gemeinsame Regelung ist besser als die derzeit diskutierte nachträgliche Enteignung der Eigenkapitalgeber," so Boschan zum „Standard".

(APA)

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