Mindestsicherung - der neue Typ Sozialhilfe

Die neue Mindestsicherung beträgt 744 Euro. Die Bezieher erhalten eine E-Card.

Die Mindestsicherung, bundeseinheitlicher Nachfolger der Sozialhilfe, trat am 1. September in Kraft – allerdings nur in Wien, Niederösterreich und Salzburg. In den restlichen Bundesländern sind die Beschlüsse noch ausständig – aus wahltechnischen oder anderen Gründen.

Die Mindestsicherung soll die bisher bundesland-abhängig unterschiedlich hohe Sozialhilfe vereinheitlichen. Die Höhe der Mindestsicherung wird an den Ausgleichszulagenrichtsatz, die sogenannte Mindestpension, gekoppelt. Das heißt, sie beträgt heuer 744 Euro, für Paare 1116. Im gleichen Haushalt lebende Kinder erhalten mindestens 134 Euro, ab dem vierten Kind wird der Satz auf 112 Euro gesenkt. Integriert ist ein 25-prozentiger Wohnkosten-Anteil, der wegfällt, wenn der Bezieher über eine eigene Wohnung verfügt bzw. etwa bei Verwandten kostenlos lebt.

Anspruch auf die Mindestsicherung haben alle Personen, die Lebensunterhalt, Wohnbedarf und Krankenversicherung nicht aus Eigenem finanzieren können und "die zu einem dauernden Aufenthalt im Inland berechtigt sind". Das sind neben Österreichern auch EU-Bürger, EWR-Bürger, wenn sie in Österreich als Arbeitnehmer tätig sind und Drittstaatsangehörige, wenn sie mehr als fünf Jahre in Österreich gelebt und gearbeitet haben.

Arbeits-Bereitschaft ist Voraussetzung

Voraussetzung für den Bezug ist die Bereitschaft zur Aufnahme von Arbeit. Ausgenommen sind nur Personen mit Betreuungsverpflichtungen für Pflegefälle oder Kleinkinder bis zum dritten Lebensjahr. Eigenes Vermögen muss bis zu einem Freibetrag von 3720 Euro (das Fünffache der Mindestsicherung) zuerst aufgebraucht werden, bevor die Unterstützung bezogen werden kann. Behalten dürfen die Bezieher ihre Wohnung, sofern diese angemessen ist.

Ein Auto darf man nur besitzen, wenn man es berufs- oder behinderungsbedingt braucht. Eine Rückzahlung der Mindestsicherung durch die Bezieher ist nicht vorgesehen, weil das einen negativen Anreiz für die Rückkehr ins Arbeitsleben bedeuten würde. Bei längerem Bezug trägt sich allerdings die Behörde bei Wohnungseigentum ins Grundbuch ein und kann sich das Geld beim Verkauf oder später von Erben zurückholen.

Der in einigen Bundesländern übliche Rückgriff auf das Vermögen von Familienangehörigen wird bei der Mindestsicherung gekippt. Weiter gibt es ihn bei Eltern für ihre minderjährigen Kinder.

Anträge auf Mindestsicherung können beim Arbeitsmarktservice eingebracht werden oder auf Landesebene "bei allen Stellen, die dafür geeignet erscheinen". Außerdem nimmt das AMS die Bezieher der Mindestsicherung in seine Jobvermittlung.

Ein wesentlicher Vorteil der Mindestsicherung ist, dass die Bezieher krankenversichert sind und eine E-Card erhalten. Bisher waren sie auf die "Krankenhilfe" im Rahmen der Sozialhilfe angewiesen, nun können sie auf die deutlich unkomplizierter verfügbaren Leistungen der jeweiligen Gebietskrankenkasse zurückgreifen.

(APA)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Plan Arbeitspflicht Skepsis Umsetzung
Innenpolitik

Plan zu "Arbeitspflicht": Skepsis bei Umsetzung

Arbeitsmarktexperte Helmut Hofer sieht etliche offene Fragen und "ziemliche Probleme bei der Umsetzung". Sechs Monate seien "schon recht knapp". Die Arbeitsämter zählten im Vorjahr knapp 13.000 "Jobverweigerer".
Außenpolitik

Deutschland: 900 Euro brutto für "Bürgerarbeit"

In Deutschland hat Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) im Juli das bundesweite Modellprojekt „Bürgerarbeit“ gestartet. Schwer vermittelbare Arbeitslose sollen in Kommunen gemeinnützige Jobs nachgehen.
Leitartikel

Ein Mindestmaß an Aufrichtigkeit

Her mit Debatten über Sozialhilfe: Das muss aber mehr sein als eine „Arbeitspflicht“ von Wahlkämpferinnen.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.