Sinkoviczs Musiksalon

Hertha Töpper, Opernstar aus Graz, starb 95-jährig

Die Mezzosopranistin 1966.
Die Mezzosopranistin 1966.(c) imago/Michel Neumeister (Werner Neumeister)
  • Drucken

Als Tochter eines Musiklehrers wurde Hertha Töpper zu einer der bedeutensten Mezzosopranistinnen der Welt. Jahrzehntelang blieb sie dem Ensemble der Bayerischen Staatsoper treu, obwohl sie Erfolge von Bayreuth bis New York feierte.

Hertha Töpper war für die Musik geboren. 1924 in einen Musiklehrerhaushalt  in Graz geboren, studierte sie in ihrer Heimatstadt Gesang und stand schon mit 21 auf der Bühne der Grazer Oper. Als Ulrica in Verdis „Maskenball“ konnte sie gleich bei ihrem ersten Auftritt den ganzen Tonumfang ihrer satt und dunkel timbrierten Alt-Stimme ausloten, die trotz profunder Tiefe mühelos auch im obersten Register ansprach. Das erwies sich spätestens bei ihrem größten Grazer Erfolg, Verdis furioser Lady Macbeth.

Das Talent blieb den Besetzungsbüros nicht verborgen: Erste Engagements führten Töpper rasch an bedeutende Häuser. Freilich eher in Deutschland als in der Heimat.

Frühe Gastspiele in Bayreuth

In der Walküren-Aufnahme, die Wilhelm Furtwängler kurz vor seinem Tod mit den Wiener Philharmonikern einspielte, sang die junge Sängerin eine der Walküren.

im ersten Jahr der wiedereröffneten Bayreuther Festspiele war sie die dritte Rheintochter im Wieland-Wagner-Ring unter Herbert von Karajans Leitung, später die Fricka. Für die herrischen Gesten, die es zu Beginn des zweiten Aufzugs der „Walküre“ braucht, um den störrischen Gott Wotan in die Knie zu zwingen, stand der Stimme genügend Volumen und ein durchaus üppiges, aber nie überbordendes Vibrato zu Gebote.

In München hatte man sofort zugegriffen: Dem Debüt an der Bayerischen Staatsoper, 1951 mit dem Octavian in Strauss’ „Rosenkavalier“, folgte ein Fest-Engagement, das sich als glückliche künstlerische Fügung entpuppte. Generalmusikdirektor Joseph Keilberth wusste, was er an der jungen Sängerin hatte. Schon 1955 erhielt Töpper den Titel einer Bayerischen Kammersängerin. Sie blieb dem Haus jahrzehntelang treu und das Publikum liebte ihre ausgefeilten Rollen-Porträts.

Leibpartie: der „Rosenkavalier"

Der Octavian sollte ihre Leibpartie bleiben sollte in der sie 1956 auch an der Wiener Staatsoper und sechs Jahre später an der New Yorker Metropolitan Opera debütierte.

An der Wiener Staatsoper hat Hertha Töpper in ihrer langen Karriere dann freilich nicht mehr als 21 Vorstellungen absolviert.

Wie sensibel Töpper auf kleinste Nuancen von Text und Musik zu reagieren wusste, kann man an ihrer Gestaltung des „Rosenkavaliers“ wunderbar studieren. Freilich muss sich der Musikfreund auf die Suche nach halb legalen Livemitschnitten machen. Findet er aber beispielsweise einen „Rosenkavalier“ aus dem Münchner Prinzregententheater von 1957, dann hört er Töpper inmitten einer luxuriösen Besetzung mit Marianne Schech, Erika Köth und Otto Edelmann und darf sich schon in den ersten Takten über die Flexibilität der Hofmannsthal-Sttauss’schen Sprachmelodie über dem von Hans Knappertsbusch modellierten sinnlichen Orchesterklang freuen. Man versteht beinah jedes Wort und doch strömt die Stimme wohllautend. Und vor allem: ausdrucksvoll. Die jugendlich-unbekümmerten Töne des Beginns verdunkeln sich im Finale des ersten Akts angesichts der Melancholie der Marschallin merklich.

Das sind Nuancen, wie sie das Singen der Hertha Töpper stets ausgezeichnet haben.

Wagner, Strauss - aber auch Bach

Eine Bühne brauchte diese Künstlerin nicht, um den außerordentlichen Reichtum ihrer Gestaltungskraft zu demonstrieren. Für die legendären Bach-Aufnahmeprojekte Karl Richters war Töpper eine der wichtigsten Mitstreiterinnen. Dieser Zusammenarbeit verdankte sie übrigens ihren einzigen Salzburger Festspielauftritt im Jahr 1970.

In der noch in Mono-Zeiten eingespielten „Matthäuspassion“ hört man sie an der Seite von Irmgard Seefried, Ernst Haefliger und Dietrich Fischer-Dieskau mit einer der ebenmäßig-schönsten „Erbarme dich“-Arien der Aufnahmegeschichte, die in ihrem Espressivo durchaus einer Aufnahme-Legende wie jener Kathleen Ferriers zur Seite gesellt werden darf.

Am vergangenen Wochenende ist Hertha Töpper 95-jährig nach langer Krankheit gestorben.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Titelblatt
Sinkoviczs Musiksalon

"Zigeunermelodien"

Fußnoten zur politischen Inkorrektheit etlicher beliebter Musikstücke. Zum "internationalen Tag der Roma", dem 8. April.
Foto: APA/Barbara Gindl
Sinkoviczs Musiksalon

Cleveland spielt nicht immer dasselbe

Franz Welser Möst präsentierte seine 19. Spielzeit als Chefdirigent im Mittleren Westen und will eine Novität von Thomas Adès nach Wien bringen
Alexander Kaimbacher und Barbara Pöltl im "Reigen"
Sinkoviczs Musiksalon

Freie Gruppen streamen Oper – aber nicht ohne Hindernisse

Auch wenn alle Mitwirkenden einverstanden sind, heißt das nicht, dass eine Opern-Aufnahme online gehen darf. Manchmal schießt die Technik quer. Manchmal blockieren große Verlage die gute Sache.
Sinkoviczs Musiksalon

Warum sagt Bayreuth jetzt schon ab?

Der Österreicher Valentin Schwarz hätte heuer einen neuen „Ring des Nibelungen“ bei den Wagner-Festspielen herausgebracht. Sein Projekt kann nun vermutlich erst übernächstes Jahr realisiert werden.
Anna Netrebko in der leeren Staatsoper
Sinkoviczs Musiksalon

Netrebko vor leeren Sitzreihen

Die Diva verschönert die erste Spielplan der Ära Roščić/Jordan an der Wiener Staatsoper, die wegen der Theatersperre als TV-Sendung in ORF III stattfindet.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.