Arktis

Verkauf von Alkohol wegen Corona in Grönland verboten

Patano/CC BY-SA 3.0
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Auf der arktischen Insel Grönland hatten die Sperrmaßnahmen wegen Corona im Verein mit Alkoholmissbrauch die sozialen Probleme verschärft. Die Gewalt an Frauen und Kindern ist deutlich gestiegen.

Die Regierung der riesigen nordatlantisch-arktischen Gletscherinsel Grönland hat wegen der Coronakrise den Verkauf alkoholischer Getränke im wesentlichen verboten. Räumlich betroffen sind vorerst zwar nur die Hauptstadt Nuuk im Südwesten des Landes, das eine autonome Region Dänemarks ist, sowie zwei kleinere Gemeinden (Kapisillit and Qeqertarsuatsiaat) in der Umgebung von Nuuk. Allerdings sind Getränke mit mehr als 2,25 Prozent Alkohol verboten, das betrifft also sogar schon viele Leichtbiere.

Von den rund 56.000 Bewohnern Grönlands leben etwa 18.000 in Nuuk und gesamt ein paar Hundert in den zwei anderen genannten Orten. Traurig ist die Begründung für den vorläufigen Verkaufsstopp, der nach Informationen arktischer Medien bereits am Wochenende verfügt worden war: Es geht nämlich ausdrücklich darum, Kinder vor Gewalt und Vernachlässigung zu schützen.

Premierminister Kim Kielsen wies in einer Verlautbarung auf das Problem der häuslichen Gewalt hin, die schon wegen der zuvor verhängten Ausgangssperren und sonstigen Maßnahmen, die die persönliche Freiheit wegen Corona begrenzen, gestiegen sei. Alkoholmissbrauch sei dabei ein zusätzlich verstärkender Faktor. Hinter den Kulissen ist von Übergriffen betrunkener Männer an Frauen die Rede, aber auch von Gewalt an bzw. Vernachlässigung von Kindern durch angetrunkene Frauen und Männer.

„Ich hoffe, dass wir als Gesellschaft die Lebensumstände von Kindern als gemeinsame Sorge betrachten, und dass wir alle zu einer sicheren Gesellschaft beitragen", so Kielsen.

Gesellschaft mit schweren Grundproblemen

Der Alkoholbann ist vorerst bis 15. April befristet. Schon seit längerem sind Restaurants, Bars, Schulen, Behörden und andere öffentliche Orte in Grönland wegen Corona geschlossen. Der Flugverkehr wurde weitgehend eingestellt. Man habe allerdings mehrfach Feste größerer Gruppen beobachtet, die untersagt seien, und dabei sei es wegen Trinkens auch zu „Eskalationen" gekommen, sagte der 53-jährige Premierminister von der Mitte-links-Partei „Siumut" (Vorwärts). Das Alkoholverbot sei daher auch eine Maßnahme gegen die Ausbreitung des Virus.

In dem arktischen Land wurde am 16. März der erste Coronafall registriert, ein Einheimischer aus Nuuk hatte das Virus vermutlich aus Dänemark gebracht. Zuletzt gab es zehn bestätigte Fälle auf Grönland.

„Das Virus und die vielen Sperren belasten Familien, die ohnehin schon in problematischen Verhältnissen leben", hieß es aus dem grönländischen Gesundheitsministerium. Man werde daher auch neue Notanlaufstellen für Frauen und Kinder einrichten.

Die Bevölkerung des Landes besteht zu etwa 88 Prozent aus Inuit, der Rest sind vor allem Dänen. Wie in vielen arktischen Regionen, etwa auch in Kanada und Russland, ist die Infrastruktur in Grönland nicht zuletzt im medizinischen Bereich suboptimal. Die Wohnverhältnisse speziell der Indigenen sind meist beengt, in ländlichen Orten, aber auch in Teilen von Nuuk gibt es oft kein fließend Wasser und nicht den ganzen Tag über Strom. Sogar in UN-Berichten wird die Ernährungslage vieler Kinder als schlecht eingestuft.

Die Bevölkerung ist überdurchschnittlich anfällig für fremde Krankheitserreger - und für Alkoholmissbrauch. Dazu gibt es eine äußerst hohe Rate sexueller Übergriffe an Kindern und unmündigen Jugendlichen sowie bei Suizid. Ein Großteil der Straftaten wird von alkoholisierten Personen begangen.

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